Der
Schulknalae.
fchreiben könne und mit dem Latein auferlegen werde, zu
verfiehen etliche Schriftem. Dafs auch er etwas Latein
verftand, liefse fich daraus, dafs er lateinifche Bücher befafs,
die Widmung von Pirkheimers Theophraftus annahm und
{ich Ilets fehlerlofer lateinifcher Infchriften bediente, fchon
vermuthen; auch wenn uns Dürer nicht ausdrücklich be-
richtete, dafs er in feiner Jugend den Vitruvium gelefen
habe
Nichts ift natürlicher, als dafs der Vater den jungen
Dürer für fein nun fchon in der Familie erbliches Hand-
werk befliillllllt hatte. Nach beendetem Schulbefuche, wahr-
fcheinlich im I3. Lebensjahre, nahm er ihn daher in feine
eigene Werkftatt auf, und wir können auch ohne fein eigenes
ausdrückliches Zeugnifs annehmen, dafs der findige Knabe
fich rafch die Technik der Goldfchmiedekunft zu eigen machte.
Einer alten Nachricht zufolge foll er fogar bereits in feiner
Lehrzeit die fleben Fälle Chrifti in Silber getrieben haben.
Erhalten hat {ich von jenen Arbeiten eben fo wenig etwas,
wie von denen des Vaters felbft. Jedenfalls aber mufste
die Erlernung des Goldfchmiedewerks für feine künftlerifche
Zukunft von gröfster Bedeutung fein. Der frühe Umgang
mit plaflifchen Formen weckte jenen Sinn für körperliche
Rundung und feine Modellierung, jenes raftlofe Streben nach
richtiger Perfpective und Raumvertheilung, wie er fie zuerft
in die deutfche Malerei eingeführt hat. Zugleich machte ihn
das väterliche Gewerbe mit der Behandlung der Metalle
innig vertraut, was feinen wahrhaft fchöpferifchen Fort-
fchritten auf dem Gebiete des Kupferüiches Iicher fehr zu
ftatten kam. Zu weit führen würde uns aber die Annahme,
als hätte Dürer mehr als die allererflen Anfangsgründe der
Stecherkunft in der Werkftatt feines Vaters gelernt. Das
einfache Flachornament, welches damals etwa von einem
Nürnberger Goldfchmiede angewendet wurde, konnte in
diefer Richtung keine Schule fein. Hie und da haben fich
1) v. Zahn, Die Dürer-Handfchriften
des Brit. Mufetlms, jahrb. f, Kunftw,
und
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