Volltext: Dürer (Bd. 1)

Die Familie. 
die müden Hände über einander gelegt, blickt er treuherzig 
forfchend aus dem Bilde heraus, und um die fchmalen 
Lippen fpielt ein Zug, Wie von freudigem Genügen. Das 
Original ift von der gleichen lebendigen Auffaffung, wie das 
Florentiner Bilclnifs, aber tiefer in der Farbe und durch 
Putzen befchädigt. Innerhalb der vier Jahre, dafs er feinen 
Sohn nicht vor Augen gehabt, iit in dem Antlitze des Vaters 
eine grofse Veränderung vor fich gegangen. Durch die 
Trennung von feinem Lieblinge mögen die Wechfel, welche 
jahrelange Sorgen und Kummer auf feine Lebenskraft aus- 
geftellt hatten, rafcher fallig geworden fein. Aus dem noch 
immer ftrammen alten Meifter war bei Dürers Heimkehr ein 
in {ich gekehrter, itiller Greis geworden. Wohl ihm, dafs 
nun ein dankbarer Sohn für ihn eintreten konnte, ihm den 
Reit feiner Lebenslaft tragen zu helfen; und das hat Dürer 
auch redlich gethan.  
Die einzigen Nachrichten, welche wir über die Per- 
fönlichkeit Dürers des Aelteren befitzen, verdanken wir 
bekanntlich feinem berühmten Sohne felbft, deffen Aufzeich- 
nungen dem Vater zu gröfserer Ehre gereichen, als der 
fchönite Lobgefang. Zugleich geben iie uns auch Auffchlufs 
über die erite, nicht zu tinterfchätzende Bildungsfttife, deren 
der Knabe genofs. Sie laffen uns einen tiefen Blick thun in 
das fchlichte, innige Familienleben eines deutfchen Bürger- 
haufes, gegründet auf Arbeit, Sitte und Gottesfurcht. Dort 
finden fich denn die Quellen, aus welchen Dürer zuerit die 
Seelenkraft fchöpfte, um den Gefühlen einer nach innerer 
Befreiung ringenden Zeit in fichtbaren Formen Ausdruck zu 
leihen. Da ift kein hohler Auffchwung und kein lähmendes 
Nachzittern der Empündfamkeit, da ift kein innerer Zwie- 
fpalt. Gerade das Haften am Gegenftändlichen und an dem 
ihm an Realität gleichgeachteten religiöfen Glauben läfst 
das Gemüth nie in Abfpannung verfinken. Die Geiiter find 
zu gefund, zu elaftifch, um auch dem herbiten Schlage für 
lange nachzugehen; je einfacher, defto tiefer ifi: ihr Fühlen 
und defto fchneller fetzt es fich wieder in eine nach aufsen
	        
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