Nürnberg.
eigenen Volkslitteratur Luft, die hier eifriger gepflegt ward
als im übrigen Deutfchland. Ihre erften bedeutenden Er-
fcheinungen der wRennem des Hugo von Trimberg und
Boners xEdelPceim lind auf fränkifchem Boden gewachfen.
Hier entfaltete das Volkslied zuerfl feine Blüthe, nachdem
der Minnefang verklungen war. Geleitet vom gefunden
Menfchenverftande, der fich mit Vorliebe in das Gewand
der Narrheit kleidete, griff diefe volksmäfsige Dichtung frifch
in das Leben hinein. Die Schranken, welche keiner Gewalt
wichen, wurden vom Spottliede überflogen.
Mit der wachfenden Schauluft des Volkes Waren auch
die Poffen der Gaukler wieder zu Ehren gekommen, und
die deutfche Dichtung trat allmählich in jenes Stadium, wo
das leitende Epos von der Herrfchaft des Dramas abgelöft
wird. Einen Anknüpfungspunkt dafür boten die allerwärts
üblichen kirchlichen Myfterien und Paffionsfpiele. Wie fich
der Markt an die Meffe anfchlofs, fo drangen profane, komifche
Zwifchenfpiele in die ernften geiftlichen Aufführungen ein.
Als dann das bunte Gemifch von Erhabenem und Lächer-
lichem Anftofs erregte, trennte man die Faftnachtsfpiele
ganz von den kirchlichen Myfterien. In Nürnberg zuerPc
gewann fo der komifche Dialog feinen felbftandigen Spielraum;
diefer konnte aber nur in der offenkundigen Gegenwart
liegen. Dem ungebildeten Volke gegenüber durfte fich das
Poffenfpiel nicht mit fremden Sitten befaffen; wenn es ver-
ftanden fein wollte, mufste es auch alles Latein abftreifen.
Es war das natürliche Product einer Zeit, die ganz auf {ich
felbil gerichtet War.
Der Nürnberger Hans Rofenplüt, genannt der Schnepperer,
fo viel wie Schwätzer, ifi der erfie Vertreter diefer alteften
Form des deutfchen Schaufpieles; er iit überhaupt der Vor-
läufer für alle Gattungen volksthümlicher Dichtung, die das
Zeitalter der Reformation kennzeichnen. Am nächften be-
rührt uns fein Spruch von Nürnberg, gedichtet im Jahre 1447,
eine begeifterte Schilderung der VaterPcadt: