Handelsverkehr.
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heiligen Geift feine Infignien, und alljährlich nach Ofiern
wurden diefelben vom Rathe auf dem Heiligthums-Stuhle,
der auf dem Markte angefichts der Frauenkirche errichtet
Ward, dem Volke feierlich zur Verehrung ausgeftellt. Dies
Vorrecht, welches Nürnberg bis 1804 ausgeübt hat, trug
dazu bei, das Anfehen der Stadt nach aufsen hin wie das
Selbftbewufstfein ihrer Bürgerfchaft zu erhöhen. Nürnberg
erfchien dadurch bereits als das gekennzeichnet, was es bald
darauf in jeder Beziehung werden follte, als die erfte unter
den deutfchen Städten.
Im XV. Jahrhunderte war Nürnberg eben der Mittel-
punkt des gefammten europäifchen Handelsverkehres. Noch
war der Seeweg nach Oftindien nicht entdeckt und die
Waarenzüge nahmen von Venedig ihren Weg hieher, um
in die Hanfeitädte und nach dem höheren Norden zu ge-
langen. Ebenfo bildete die Stadt den natürlichen Stapel-
platz aller Erzeugniffe des deutfchen GewerbHeifses, die den
bedürftigen Hinterländern des Oftens, namentlich Polen und
Ungarn, zugeführt wurden. Die Reichthümer, welche dafür
aus aller Herren Ländern in die Hände der patrizifchen
Kaufherren Hoffen, wurden gleich an Ort und Stelle wieder
productiv durch die in allen Zweigen aufblühende Industrie.
Die Freude am Schaffen war Hoch und Nieder gemein in
Nürnberg. Der Wohlitand, der daraus entfprang, gewährte
hinwiederum die Mufse zur Vertiefung und Verfeinerung
der Thätigkeit, deren Früchte immer mehr das Ziel einer
edlen Ruhrnfucht wurden. Die Liebe zur Arbeit war es,
was die Bürgerfchaft Nürnbergs zur Werthfchätzung der
höchften irdifchen Güter führte, die Handwerker zur Aus-
übung der Kunit, die reichen Vollbürger zur Pflege der
Wiffenfchaft. Nicht unter fo raftlofen Stürmen, wie in
Florenz und im alten Athen, fondern in einträchtigem, wohl
geordnetem Zufammenleben hat hier ein deutfches Gemein-
wefen von höchPcens hunderttaufend Seelen gleichfalls auf
beiden Gebieten nach dem Höchften gerungen. Dem Ge-
deihen im Inneren entfprach denn auch der Glanz und die