372
Der
Aufenthalt in Venedig,
zweite
Quadrate, nach welchen daffelbe zweifelsohne conftruiert
worden ift. Und Dürer war dabei nicht allein, denn die
auf dem Florentiner Blatte in Bezug auf die Mafse bei-
gefügten fpärlichen Auffchreibungen {ind nicht von feiner,
fondern von fremder Hand und lateinifch. Es fcheint mir
gar nicht zweifelhaft, dafs hier Dürer von jemandem Unter-
richt in Pferdeproportionen empfangen habe und dafs er {ich
über die Theorien Verrocchios Rechenfchaft geben liefs.
Ein fpeculativer Kopf, wie Luca Pacioli, konnte ihm ficherlich
auch darüber Auffchlufs geben; er hatte gewifs nicht ver-
faumt, Lionardo darüber auszuholen, als diefer in Mailand
das rieiige Reiterbild Francesco Sforzas modellierte. Dafs
Dürer bereits im Jahre 1506 die Vorltudien zu dem Kupferftich
von 1513 macht, pafst ganz zu feiner Art, und jene Feder-
zeichnungen find vielleicht niemals von Italien fortgekommen 1).
Doch genug der Vermuthungen, kehren wir mit Dürer wieder
nach Venedig zurück!
Dürer malte damals in Venedig auch noch Bildniffe.
Er berichtet felbft am 23.September I 506, dafs er in längftens
vier Wochen dort fertig werde, ßdenn ich habe Einige zu
conterfeien, denen ich's zugefagt haber. Von diefen Porträten
hat {ich meines Wiffens blos eines in Italien erhalten, nämlich
in der Galerie Brignole-Sale in Genua. Es ift das Bruftbild
eines jungen Mannes, deutfchen Stammes den Gelichtszügen
nach; er trägt eine fchwarze Mütze, ein braunes Mieder
und eine fchwarze Jacke darüber und ift faft ganz von vorne
gefehen. Leider ift das Bild fehr verdorben und übermalt
bis auf ein Stück Mieder mit der fchwarzen in zwei Häftchen
endenden Schnur und auf einige forgfältig und fcharf aus-
geführte Haarpartien. Nur die vortreffliche Zeichnung
fchlägt noch durch. Es iH: auf Holz gemalt mit der Infchrift
in Goldbuchftaben: (Albertus Dürer germanus faciebat post
virginis partum I506e und dem Monogramme.
I) Ein anderes Beifpiel von Dürers
Studium nach Pferdefkizzen Lionardos
in der Gazette des Beaux-Arts 1877,
II. 444 und 445.