dal
Piero
Borgo,
Pacioli.
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von deffen Aufenthalt dafelbü beftimmen liefse. Nachdem
Harzen die verloren geglaubte Schrift Pieros wieder entdeckt
hat, wird ohne Zweifel ein genaueres Studium diefer wie
der Schriften Dürers noch einmal Licht über diefe Frage
verbreiten. Bisher wiffen wir nur, dafs {ich Dürer u. a. in
feiner vUnterweifung der Meffunge vielfach fehr nahe an
Luca Paciolis Werk vDe divina proportionex anfchliefst,
das 1 509 in Venedig erfchien. Diefes Werk aber war bereits
zehn Jahre früher abgefafst. Pacioli befand {ich nämlich
bis 1499 mit Lionardo da Vinci in Mailand am Hofe des
Herzogs Lodovico il Moro. Er war Mitglied der von
Lionardo dafelbft gegründeten und geleiteten Akademie und
mit diefem fo befreundet, dafs derfelbe das für den Herzog
beftimmte Manufcript feiner vDivina proportionea mit eigen-
bändigen Zeichnungen fchmückte. Pacioli erzählt dies felbft
in feiner nachmaligen Zueignung an den Gonfaloniere von
Florenz, Pietro Soderini. Nach dem jähen Sturze des Herzogs
Lodovico führte nun Pacioli ein Wanderleben als Lehrer
der Mathematik, und leicht konnte er {ich damals zufällig
ln Bologna aufgehalten haben. Dort oder aber auch in
Venedig mufs Dürer mit Luca Pacioli zufammengekommen
fein, denn blos aus deffen gedrucktem Buche hätte er kaum
fo unbefangen gefchöpft, namentlich auch nicht ohne der
Quelle zu gedenken.
Die Annahme einer Begegnung Dürers mit Luca Pacioli
ift uns aber darum fo wichtig, weil fie uns- allein Auffchlufs
giebt über die nicht blos im Allgemeinen geahnten, fondern
auch im Einzelnen nachzuweifenden Beziehungen Dürers zu
Lionardo. Von den Aehnlichkeiten in der glänzenden
Erfcheinung und Begabung, im Charakter und im Forfchungs4
triebe der beiden herrlichen Menfchen fei hier ganz abgefehen;
das würde viel zu weit führen. Wir haben aber unter
anderen von Dürer fechs Holzfchnitte: fchwarze Scheiben,
von denen {ich ganz fymmetrifch und concentrifch angeordnete
Verfchlingungen von Bändern oder Schnüren arabeskenartig
abheben. Man nennt diefe wunderlichen Verzierungen ge-
Thaufing, Dürer. 24