Jefus unter
Schriftgelehrten,
den
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Monaten des Rofenkranzfeftes! Mit diefem hatte es wohl
auch die Art der Technik und die Sorgfalt der Vorftudien
gemein; an Compofition, Gefchmack und Ausführung {teht
es aber weit hinter demfelben zurück. Die Anordnung der
je drei Charakterköpfe zu den Seiten Jefu über einander iit
fehr gedrängt ohne jegliche Raumdispofltion. Es fcheint
blos auf die Wirkung der phyfiognomifchen Contrafte und
auf das mannigfache Spiel der Hände abgefehen zu fein,
das allerdings fehr ausdrucksvoll, ja fprechend genannt
werden mufs. Welch herrliche Studien hat Dürer aber
auch dazu gemacht! Den Mittelpunkt bilden nicht der Kopf,
fondern die Hände Chrifti, welche eben demonitrieren, indem
der Zeigefinger der Rechten den Daumen der Linken be-
rührt; die wundervolle Pinfelzeichnung dazu, von Loedel
geftochen, befindet fich in der Sammlung Hausmanns zu
Braunfchweig; dafelbft auch die Hände der beiden vorderften
Schriftgelehrten, die je ein grofses Buch halten. Aus dem
Buche links hängt im Bilde eine Papierfchleife mit 1506,
Monogramm und der Infchrift: vopus quinque dierume.
Das Studium zu dem Kopfe des göttlichen Knaben in diefem
Bilde ift vielleicht die, italienifcher Kunftweife am nächftcn
ftehende Zeichnung, die wir von Dürer beützen. Das venetia-
nifche Modell mit den grofsen Augen, dem fchwellenden
Kinne, den aufgezogenen Brauen mag viel dazu beitragen.
Doch auch die weiche Umfchreibung des ein wenig ge-
neigten Köpfchens mit den etwas geöffneten Lippen und
der breite Vortrag zeigen uns Dürer von einer neuen Seite.
Die Zeichnung ift fchon von Gillis Sadeler gePcochen worden;
{ie befindet {ich in der Albertina; idafelbft auch die Hand
des Schriftgelehrten links oben im Bilde, deren Finger das
Buch halb offen halten. Die Vorzüge diefer Zeichnungen,
welche fämnqtlich fo wie jene für das Rofeilkrailzfeft und auf
demfelben blauen Ankerpapiere ausgeführt fmd, haben fich
in dem Gemälde nicht erhalten. Vollends jetzt hat daffelbe
ein dunkles, unerfreuliches Ausfehen; es ift ganz verrieben
und mit Oel und Firnifs überfchmiert. Urfprünglich war es