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Der
Aufenthalt in
zweite
Venedig,
dem es in die kaiferliche Kunflkammer gelangt war
Merkwürdig lind insbefondere jene Exemplare, in denen der
Paplt durch die heilige Katharina erfetzt ift, fo wie diefelbe
auf einer oben erwähnten Aquarellfkizze der Albertina und
auf dem letzten Blatte des Marienlebens angebracht ift, und
zwar fcheint das Motiv der Figur geradezu aus diefem Holz-
fchnitte entlehnt zu fein. Dafür ifi: St. Dominicus weg-
gelaffen, ein Zeichen, dafs der Copift den eigentlichen Sinn
der Darftellung nicht mehr verftand; fo Wenig etwa wie
diejenigen, welche heutzutage für die Originalität der fo ver-
änderten Copie eintreten zu dürfen glauben. Schon die
Veränderung deutet auf eine fpätere Zeit, einen vielleicht
proteftantifchen Maler oder Befteller, der doch lieber eine
Heilige, aber nur ja nicht den Papft auf dem Bilde haben
wollte. Eine folche Copie ward aus der Wiener Belvedere-
Galerie in das Mufeum von Lyon entführt; eine andere be-
Endet fich in der k. k. Ambrafer Sammlung in Wien, eine
dritte im Privatbefitze bei Dr. Johann Urban, Magiftratsrath
in Prag 2).
Dürer meldet die Vollendung des Rofenkranzfeftes Pirk-
heimern mit den Worten: vWiffet auch, dafs meine Tafel
fertig iPc; auch ein anderes Quadro, desgleichen ich noch
nie gemacht haber. Was das Seltfame an diefem anderen,
gleichzeitig und fomit rafch vollendeten Gemälde gewefen
fei, erfahren wir nicht; und auch über diefes felbft bleiben
wir auf Vermuthungen angewiefen. Vielleicht ift darunter
der Iefusknabe unter den Schriftgelehrten gemeint, der {ich
gegenwärtig in der Galerie Barberini in Rom befindet, ein
Bild mit fleben lebensgrofsen Halbfiguren oder Köpfen, das
{ich Dürer in fünf Tagen vollendet zu haben berühmt;
freilich ein Kunftftück felbft im Vergleich mit den fünf
1) Die Copie auf Leinwand nvon
einem italienifchen MeiPcera, welche
Heller S, 248 als in der Galerie
Grimani x82! verzeichnet, habe ich
im Palazzo Grimani-Spago nicht mehr
vorgefunden; fle iß: längß verkauft.
2) Vergl. eine abweichende An-
ficht bei H. Grimm, A, Dürer in
Venedig; Ueber Künfiler und Kunß-
werke, I. 148 ff,