Vollendung
Marienlebens.
des
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von Dürers Folge mit Mariens Tode und der Himmelfahrt.
Dürer hatte wohl auch diefe beiden Darftellungen gleich
zeitig entworfen. Die leichte Federzeichnung zum Tode
der Maria, im Gegenfinne zum Holzfchnitte, befindet fich in
der Albertina. Eine Zeichnung der Himmelfahrt der Jung-
frau, mit der Feder umriffen und mit der Pinfelfpitze voll-
endet, im Britifchen Mufeum trägt bereits die Jahreszahl
15031). Obwohl etwas breiteren Formates, hängt der Ent-
wurf wohl fchon mit dem Plane der Holzfchnittfolge zu-
fammen. Doch wurden die beiden Blätter damals noch
nicht ausgeführt, fondern erft im Jahre 1510 von Dürer auf
den Holzftock gezeichnet; folglich konnte fle alfo Marcanton
im Jahre 1506 noch nicht mit copieren.
Das letzte Blatt der Folge, die reizende Verehrung der
Madonna durch Heilige und Engel, welche vielleicht Lirfprüng-
lich gar nicht zur Folge zahlte, mufs Marcanton erft fpäter
nachgetragen haben, denn fein Stich trägt nicht mehr Dürers,
fondern grofs und deutlich fein eigenes Monogramm.
Auch ift diefe Copie fonderbarer Weife nicht auf eine eigene
Platte geftochen, fondern blos auf die Rückfeite der fechs-
zehnten, wie dies an den heute noch in italienifchem Privat-
befitze erhaltenen Original-Kupferplatten Marcantons erfichtlich
ifi. Können wir nun auch nicht glauben, dafs diefe Nachiliche
Marcantons die Veranlaffung von Dürers Reife nach Venedig
gewefen feien, fo ift anderfeits doch auch nicht wahrfcheinlich,
dafs Dürer, einmal in Vendig, die Nachbildung {einer Blätter
fammt feinem Monogramme geduldig mit anfah. Möglich,
dafs er dagegen den Schutz der Signoria anrief; um fo eher,
als auch er unter der Eiferfucht der venetianifchen Maler
zu leiden hatte, die ihn gar dreimal vor das Gericht der
Signoria citierten, bis er vier Gulden an ihre Scuola oder
Genoffenfchaft entrichtete 2).
Daheim wachte Dürer ftets mit Eifer über feinem Kunft-
eigenthum; und insbefondere waren es die am leichteften
I) Waagen, Treasures of Art.
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Dürers Briefe