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Der
Venedig.
zweite Aufenthalt
in die bergige Landfchaft hinausblickt, ifi Iofeph bei feiner
Zimmermannsarbeit. Engelskinder fammeln ihm gefchäftig
die Spähne in einen Tragkorb einer von ihnen hat muth-
willig den Hut des Meifters auf den kleinen Kopf gefiülpt,
andere noch vergnügen {ich an Spielzeug. Jofeph hält eben
inne und blickt, die Axt in den Händen, beforgt hinüber
nach der Gruppe, WO die junge Mutter bei Rocken und
Spindel glückfelig an der Wiege des Kleinen fitzt. Theil-
nahmsvoll drängen {ich Engel an {ie heran und bewundern
Mariens feines Gefpinnft, einer von ihnen bringt ihr Blumen
dar. Am Himmel oben erfcheint fegnend Gott Vater. Es
ifl ein Bild des reinften Familienglückes, das den armen
Verbannten felbü die Heimath erfetzt. Dürer hat überhaupt
mit feiner Schilderung des Marienlebens eine Saite des deut-
fchen Gemüthes mächtig angefchlagen. Es iPc die Verklärung
des Familienlebens, über welches {ich die ganze Fülle gött-
lichen Wohlgefallens ergiefst. Der Maler predigt damit
zuerit die neue Moral, die fpäter Martin Luther froh in fein
Volk hinausrief: dafs der Eheftand ßder fürnehmfte Stand
auf Erdenr fei, dafs es wkeine lieblichere, freundlichere noch
holdfeligere Gefellfchaft gebe, denn eine gute Eher
Jefus unter den Schriftgelehrten im Tempel (B. 91)
liefert eine wahre Mufterkarte von Körperftellungen, in denen
gelehrter Hochmuth und Befferwiffen {ich nur immer aus-
drücken mag. Den gröfsten Gegenfatz zu den gereckten
und gefpreizten Geftalten der greifen Büchermänner bilden
dann Maria und jofeph, die demüthig hereintreten. Er-
greifend aber ift der Abfchied Jefu von der Mutter vor
feiner letzten Reife nach jerufalem (B. 92). Indem er {ich
zum Gehen wendet, voll Hoheit und mit entfchloffenem ErnPc,
fegnet er noch einmal die gealterte Mutter, die händeringend
und verzweifelt über das Schickfal, das ihm bevorfteht, am
I) A. Woltmann, Zu Dürers Ge-
dächtnifs; Nationalzeitung 1871, Nr.
236. Eingehendere Befchrcibungen
der Folge bei Eye, Leben A. Dürers
280, 319, und in den Verzeichniffen
von Bartfch, Heller und Retberg.