Marienleben.
Das
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Standbilder der Patriarchen reich verziert und läfst den
Ausblick auf ein Gehöfte und auf die bergige Landfchaft
frei 1).
"Die Geburt der Maria (B. 80) ift ein vollftändiges
Sittenbild des damaligen Nürnberger Lebens, und fchwebte
nicht darüber der Engel, das Rauchfafs fchwingend, fo würde
man durch nichts an die heilige Gefchichte erinnert. Es
geht fo bunt her in der geräumigen Wochenfiube, wie es
nur bei der Anwefenheit von eilf Gevatterinnen, Nachbarinnen
und anderen DienPcbeHiffenen immer denkbar ift. Der Wöch-
nerin werden Erfrifchungen gereicht; das Kindlein wird in
die Badewanne gelegt und der mächtige Bierkrug forgt dafür,
dafs die wackeren Hausfrauen in der Befprechung ihres un-
erfchöpflichen Gegenftandes nicht fo bald ermüden. Es folgt
die Vorftellung der dreijährigen Maria im Tempel (B. 81);
üe eilt die Treppe der Vorhalle hinan, an deren Ende der
Hohepriefter ihrer harrt. Der Vorhof des Tempels foll
antik erfcheinen: daher die phantaftifchen Reliefs an der
reichen Architektur. Ueber dem Thorweg im Grunde ift
das Standbild eines mythologifchen Jägers angebracht, in
der einen Hand ein gefangenes Thier, in der anderen den
Stiel einer Pechpfanne haltend. Die fchlanken Säulen, welche
das Treppenhaus ftützen, find unten bereits zwiebelförmig
eingezogen. Die Vermählung von Maria mit Jofeph (B. 82)
vollzieht der Hohepriefier vor einem rundbogigen Portale,
das mit gothiflerendem Aft- und Stabwerk reich verziert ift,
dazwifchen Ritterfiguren und nackte Reiter auf Einhorn und
Löwen gegeneinander ankämpfend. Im Allerheiligften da-
hinter fieht man eine Ordnung von Rundfauleil mit Blätter-
capitälen, Welche die {teilen Kreuzgewölbe tragen. Die
fchüchterne Braut mit dem durchfichtigen Schleier und den
hermelingefütterten langen Zottelärmen iit natürlich eine
echte Nürnbergerin, fo wie ihre Begleiterin mit dem hohen
I) Die gleichfeitige Federzeichnung
in der Albertina. ift nur eine täufchende
Copie
nach
Holzfchzxitte.
dem
Dürer.
Thaufing,