Geifiiger Inhalt.
Zeichentechnik.
Prager Schule ihre Selbitändigkeit behauptet hatte, bewahrte
{ie auch vor den zahlreichen Einflüffen, die ihr vom Rheine,
aus Brügge und Gent und {päter aus Oberitalien und {elbft
von der Antike reichlich zugeführt wurden, ihre Urlprüng-
lichkeit. So empfänglich {ie für das Fremde iPc, verlinkt {ie
niemals in leere Nachahmung, {ie {chöpft vielmehr ihre Kraft
aus dem An{chlu{{e an die Natur und an alles, was das
damals {o reiche Leben der Nation bewegte. Ohne {treng
kirchlich zu fein, bleibt {ie tief religiös, ohne auf Wahrheit
zu verzichten, bleibt {ie erhaben und gemüthswarm. Zu der
rein formalen Schönheit nach modernften Begriffen vermochte
{ie zwar nicht oder doch nur bedingungsweiß zu gelangen,
denn ihr Ziel war Weiter gefteckt. Der deut{che Genius
genügt {ich nicht in dem Reize der äußeren Formen, wenn
er {ie nicht mit dem Ausdrucke des tiefften Inneren in Ein-
klang bringen kann. Iii diefem Ringen mit einem bedeutungs-
vollen Inlialte liegt der Idealismus der deutfchen Malerei.
Er äußert {ich in der van EyckTchen und Kölnifchen Schule,
{elbft bei Martin Schongauer noch durch einen gewi{{en Zug
leidender Ergebung, während er bei Dürer und Holbein zu
gedanklicher Selbftändigkeit, zu rein menfchlicher Geltung
und Bedeutfamkeit gefeftigt erfcheint.
' Getragen ward die ganze neue Richtung durch eine
neue Zeichentechnik, welche {ich an der Nothlage der
deut{chen Malerei ausgebildet hatte; eine Technik, welche
nicht blos die Umri{{e, {ondern auch die Körperlichkeit
mittels blofser Linien darzuftellen fuchte. Während die alten
Florentiner und noch Lionardo und Mantegna die Schatten
mittels kurzer, {chräger Parallelitriche abtonten, modelten die
Deut{chen die Form mittels mannigfach gefchwellter Linien
und Strichlagen. Zur Erfindung die{er Art Zeichenkunfl,
welche die Italiener alsbald luinübernahmen, war die deut{che
Malerei durch den geringen Spielraum gedrängt, welcher
den Wandgemälden und verhältnifsniäfsig {elbft dem Tafel-
bilde gegönnt war. Die gröfsten Meifter wandten {ich daher
mit Vorliebe dem Kupferftiche und Holzfchnitte zu, und {o