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Der
Wettflreit mit Jacopo
dei Barbari,
die ganze Creatur ringsum fcheint ihre feierliche Stimmung
zu theilen, bis herab zu den Blumen und Kräutern und zu
dem grofsen Hirfchfchröter mit den zwei weifsen Schmetter-
lingen, die noch in VVolgemuts Art angebracht lind. Das
fonnige Grün an Bufch und Bergen hebt die Gruppe beffer
heraus, als es Heiligenfcheine vermochten. Die hellblonde
Madonna, ganz in Blau mit weifsem Schleier, erinnert ftark
an jene im PaumgärtnerTchen Altare. Luft- und Linien-
perfpective {ind noch mangelhaft; die technifche Behandlung
aber bereits fo vollendet wie in Dürers heften fpäteren
Bildern. Bei fcharfen Umriffen find die Farben fehr flüffxg,
ficher in Tempera aufgetragen und mit Oel lafiert; die
Stimmung iit ungemein lebhaft, hell und klar. Wenn dem
fo ift, dafs Barbaris Feinmalerei Dürer zu diefer zarten, forg-
faltigen Ausführung herausgefordert hat, dann hat er jenen
in Form und Gehalt nicht nur, fondern auch in der Gediegen-
heit feiner Technik weit übertroffen. Diefe Technik ift
allerdings eine nordifche, fo Wie auch die Farbenharmonie,
welche Dürer hier annimmt und nicht fo bald wieder auf-
giebt. Wir dürfen aber nicht vergeffen, dafs diefe Technik
an fich in einem zwar graduellen, nicht aber principiellen
Gegenfatze zu derjenigen fteht, welche Giovanni Bellini übte;
nach deffen unvollendetem Gemälde in den Ufüzien: eben-
falls Vorzeichnung mit Stift oder Pinfel, Untermalung mit
Tenapera und wiederholte Lalierung mit Oel. Die Gelegen-
heit zur Hingabe an diefes fein erfles Meifterwerk der Malerei
verdankte Dürer, wie es fcheint, wieder einem Auftrage des
Kurfürfien Friedrich von Sachfen. Als Gefchenk Chriftian II.
kam daffelbe 1603 an Kaifer Rudolph II. und aus der
kaiferlichen Galerie im vorigen Jahrhundert nach Florenz,
im Austaufch fur die Darliellilng im Tempel von Fra Bar-
tolommeo. Als ein Juwel deutfcher Kunfl glänzt es gegen-
wärtig in der hochanfehnlichen Verfammluxig, die {ich dort
in der Tribuna zufammenfindet 1).
Heller,