300
Der
mit Jacopo
Wettflreit
dei Barbari,
Dafs Dürer frühzeitig mit Barbari in die nächfie Be-
rührung kam, brauchen wir nicht mehr blos aus feinen Werken
zu erfchliefsen, feitdem uns die Worte bekannt flnd, mit
denen er felbPc über feinen frühePcen Verkehr mit dem vene-
tianifchen MeiPcer berichtet. In einer fpäter verworfenen
Faffung feiner Einleitung zur wProportionslehrea fagt Dürer
nämlich, er habe niemand gefunden, xder da etwas befchrieben
hätte von menfchlicher Mafs zu machen, als einen Mann,
Jacobus genannt, von Venedig geboren, ein guter lieblicher
Maler! Der wies mir fo Fahrt er fort Mann und
Weib, die er aus der Mafs gemacht hatte, fo dafs ich in
diefer Zeit lieber fehen wollte, was feine Meinung gewefen
wäre, denn ein neu' Königreich. Und wenn ich's hätte, fo
wollte ich's ihm zu Ehren in Druck bringen gemeinem
Nutzen zu gute. Aber ich war zu derfelben Zeit noch jung
und hatte nie von folchen Dingen gehört. Doch die Kunft
ward mir gar lieb und ich fetzte mir in den Sinn, wie man
folche Dinge könnte zu Wege bringen. Denn mir wollte
diefer zuvorgemeldete Iacobus feinen Grund nicht klarlich
anzeigen, das merkte ich ihm wohl an. Doch nahm ich
mein eigen Ding vor mich und las den Vitruirium, der
befchreibt ein wenig von der Gliedermafs eines Mannes.
Von oder aus den zweien oben genannten Männern alfo
habe ich meinen Anfang genommen und habe darnach
meinem Vorfatze gemäfs gefucht von Tag zu Tage 1).
In welches Jahr diefe erPce Begegnung mit Barbari zu
verfetzen fei, läfst fich aus der Bemerkung Dürers, dafs er
damals noch jung gewefen fei und nie von Proportionslehre
gehört hätte, nicht genau beftimmen. Dafs Meifier Jakob
fchon vor dem Jahre 1498 einmal in Nürnberg gewefen fei,
ift eben fo möglich, als es wahrfcheinlich iPc, dafs Dürer
auf feiner Wanderfchaft im Jahre 1494 ihn in Venedig
kennen gelernt und vielleicht dort in feiner Werkiiatt Arbeit
i) v_ Zahn. Dürer-Handfchriften
des Britifchexm Mufeums, jahrbücher
Kunflwiffen fchaft,