Die Schule
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Brügge.
mals erhoben hatte, waren die Reichsflädte zu geordneten,
rührigen und reichen Gemeinwefen emporgewachfen, bereit,
die Erbfchaft des Mittelalters anzutreten. Nur_ von den
Städten konnte fortan der Anlauf zu weiterer Culturent-
wickelung ausgehen. Seit dem Interregnum hatten diefelben
immer gröfsere Unabhängigkeit erlangt. Selbftgefatzte Rechte
wachten über die Ordnung und Arbeit im Innern. Die
Freiheit nach Aufsen, der Schutz des Handels ward durch
Bündniffe der Städte unter einander geflchert, nachdem das
Reich diefe Sicherheit nicht mehr gewähren konnte. Aus-
gedehnte Handelsbeziehungen erweiterten zugleich den
Gefichtskreis des Bürgers und fchafften ihm jenen Reich-
thum, der die nothwendige Grundlage höherer Bildung ift.
Während in Italien das ganze Volk {ich den neuen Zeit-
ideen zuwandte Fürftenthümer wie Republiken und allen
voran Rom und feine grofsen Päpfte während in, Frank-
reich das fiarke Königthum ihre Leitung übernahm, beruhte
ihre Pflege in Deutfchland und in den damals noch politifch
wie national mit ihm verbundenen Niederlanden fortan
allein auf dem Bürgerthume. Es war aber auch ein Holzes
Bürgerthum, wie es fobald kein Volk der Welt aufzuweifen
hat! Indeffen der deutfche Staat zu zerbröckeln drohte,
hielten die Reichsltädte das Gefammtbewufstfein der Nation
aufrecht und wahrten ihre idealen Güter. Ihre Verbindung
untereinander erfetzte gewiffermafsen den mangelhaften
Staatsorganismus und verfchaffte dem deutfchen Namen
auch noch über die Reichsgrenzen hinaus die gebührende
Achtung. Insbefondere war es die Hanfa, welche in der
Zeit ihrer Blüthe, vom XIII. bis XV. Jahrhundert, eine
gebietende Weltftellung im Norden Europas einnahm vom
Stahlhof in London bis zum St. Petershof in Grofsnowgorod.
Vor ihrem Haupte, dem Bürgermeilter von Lübeck, beugten
{ich die Könige von Dänemark, Schweden und England.
Die wichtigfte Faktorei der Hanfa war aber die zu
Brügge in Flandern. Brügge war der grofse Stapelplatz,
wo alle Erzeugniffe von Nord und Süd auf den Markt