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Die
die frühen Holzfchnitte,
Apokalypfe und
thümlichen Richtung, welche auf eine Befferung der kirch-
lichen Zuftände, auf eine Vertiefung des religiöfen Gefuhles
losging, und ebenfo ift er beeinilufst von der gelehrten
Richtung, die einen Anfchlufs an die Litteratur und Weisheit
des Alterthums, eine Erweiterung der profanen Kenntniffe,
eine rein menfchliche Charakterbildung anftrebte. Wie in
den erften Geiftern der Nation kämpfen auch in ihm die
humaniftifchen und reformatorifchen Ideen und auf beide
nimmt er durch feine Kunftthätigkeit einen mitbeftimmenden
Eintlufs. Wohl gewinnt je nach Stimmung und Umgebung
bald die eine, bald die andere Richtung in ihm die Ober-
hand; und die öffentlichen Verhältniffe, wie die perfönliche
Stellung des Künfllers brachten es mit fich, dafs der Höhe-
punkt feiner Bedeutung fchliefslich auf dem religiöfen Gebiete
lag. Dem war aber eine Vorfchule von bedeutfamen Schwan-
kungen vorangegangen. Die Grundftimmung tiefer, gemüths-
warmer Gläubigkeit hatte er bereits aus dem Vaterhaufe
mitgebracht; f1e klang zuerft in der Begeifterung aus, mit
der er feine Apokalypfe fchuf. Auf feiner Wanderfchaft
war er aber mit der Natur und mit der italienifchen Re-
naiffance in die nächfte Berührung gekommen. Nach feiner
Rückkehr ward er daheim immer mehr in jene humaniftifchen
Kreife gezogen, denen fich auch fein greifer Lehrmeifter
Wolgemut angefchloffen hatte. Die ideale apokalyptifche
Stimmung ward dadurch allmählich und für einige Jahre von
einer realeren übertönt, die in der Natur, in der Antike
und in der italienifchen Renaiffance nach neuen Halt- und
Stützpunkten fuchte. Auf diefe letzte Entwickelungsperiode
nahm aber auch noch ein Maler Einflufs, deffen Würdigung
zu dem Verftändniffe von Dürers Gefchichte unentbehrlich
ift; es iPc der Venetianer Jacopo dei Barbari.