Volltext: Dürer (Bd. 1)

Die Nürnberger 
Schule. 
bereits angedeuteten Verfchiedenartigkeit ihrer Werke kommt 
aber noch der Umftand, dafs die bedeutenditen derfelben 
durch urkundliche Zeugniffe in eine weit jüngere Zeit herab- 
gerückt werden, als man ihnen der Pciliftifchen Erfcheinung 
nach zuzumuthen geneigt war. Diefe urkundlichen Zeugniffe 
laffen nicht-daran zweifeln, dafs ein Hauptwerk, wie die 
berühmte lmhoffTche Altartafel auf der Empore der Lorenzer- 
kirche, und fo auch die Madonna derfelben Familie dafelbft, 
erft gegen das zweite Viertel des XV. Jahrhunderts ent- 
ftanden ift  Vergleicht man nun das Votivbild, die Krönung 
Maria: durch Chriitus 2) etwa m15: demfelben GegenPrande auf 
dem Pirna'er Antependium  und im Gebetbuche der Aebtiffin 
Kunigunde 4), die beide aus der böhmifchen Schule des XIV. 
Jahrhunderts ftammen, fo ergibt fich wohl mehr als blofs 
typifche, archäologifche Verwandtfchaft, zumal {ich diefelbe 
auch auf die Farbengebung erftreckt. 
Angefichts ihres jüngeren Urfprunges erfcheint es frei- 
lich nicht länger auffällig, dafs jene Hauptwerke der alten 
Nürnberger Schule wmehr Kenntnifs und mehr Beachtung 
des menfchlichen Körpers aufweifen, als die der altkölnifchen 
und böhmifchena. Maler aber, die fich noch nach mehreren 
Jahrzehnten ganz frei in den älteren Stilformen bewegen, 
können nicht wohl anders, als abhängig von jenen Schulen 
gedacht werden. Der Entwickelungsgang, der hier anknüpft, 
entfpricht ganz folgerichtig den Gefchicken des deutfchen 
1) Genauer 1418-1430. Der 
Stifter Konrad Imhoff II, (T 1449) 
erfcheint nämlich auf den Flügeln des 
Votivbildes blofs mit drei Frauen und 
zwar an der Seite der Elifabeth 
Schäflin (verm, 1418, "l" 1430). Im 
Jahre 1431 vermählt {ich Konrad 
das vierte Mal, mit Clara Volkamerin 
1" 1439, die nicht mehr auf dem 
Bilde erfcheitlt. Daffelbe mufs dem- 
nach zwifchen der dritten und der 
vierten Verheirathung des Stifters ge- 
malt worden fein. Archivalifche Mit- 
theilungen von Freih, G. v, Imhof. 
Vergl. Stammbaum der Imhoff beim 
Wächter der Rochus  Kapelle in 
Nürnberg. 
2) Abgebildet: Sammler für Kunil 
und Malerei, Heft I, S. 82. Otte: 
Kunflarchäologie IIT, Auflage S. 198, 
v, Retberg: Nürnbergs Kunfileben 
S. 49. Waagen: Handbuch I. S. 63. 
3) Veröffentlicht von Jak. Falke: 
Zeitfchrift für bild. Kunß IV, S. 280, 
4) Abgebildet: Mittheilungen der k, 
k. Centralcommiflion in Wien V, S. 82.
	        
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