Reform
Formfchneidekunü.
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tritt das Colorit, an die Stelle der Farben tritt die
Farbe.
NVir fahen, wie Dürer fchon auf feiner Wanderfchaft
und insbcfondere durch das Studium der Landfchaft feinen
Sinn für Farbenitimmung ausbildete. Er lernte dadurch
zuerlt Form und Färbung in eins zu empfinden und die
Dinge blos durch die abgeftuften Werthe der Farben, ohne
deren materielle Verfchiedenheit von einander abzuheben.
Auf den Holzfchnitt angewandt, mufste diefe Vereinfachung
alle Polychromie unmöglich machen, denn Dürer erzielte
durch die blofse Abwechslung von Licht und Dunkel mehr
Kraft und malerifche Wirkung als die bunte Colorierung
der Zeit je erreichen konnte. Dazu freilich bedurfte er
auch eines Formfchneiders, der genau in feine Abflchten
einging. Ein folcher konnte fxch aber an Dürers Vorzeichnung
ausbilden, wie unter keinem anderen Meifter; denn niemals
wohl hat es eine Künftlerhand gegeben, die ihre Willens-
meinung fo ficher, fo bündig," fo ganz unzweifelhaft hinzu-
fchreiben wufste, wie die Dürers. Und darin, glaube ich,
liegt die Erklärung des tiefgreifenden Einiiuffes, welchen
Dürer auf die Formfchneidekunft ausübte. Er wufste, was
und wie viel er von ihrer Technik erwarten durfte, und
das fchrieb er unerbittlich mit der Feder und öfter wohl
auch mit dem Pinfel Zug für Zug vor, in jenen klaren,
regelmäfsigen Zügen, denen das Auge fo gern folgt und
denen auch jede gefchickte Hand ohne Straucheln folgen
konnte, wenn fie nur Wollte. Er verlangte viel mehr vom
Holzftocke als alle Anderen vor ihm, doch er verlangte
nicht mehr als das Material zu leiften vermochte; das lehrt
uns der ungeheure Abftand, der zwifchen feinen Holz-
fchnitten und feinen Kupferftichen in der Technik waltet.
Vor allem aber fagte er dem Holzfchneider ganz genau,
was er wollte.
Dürer begann zwar gleich nach feiner Heimkehr von
der Wanderfchaft die ziemlich mühfamen Vorarbeiten zur
Apokalypfe. Bevor es aber zum Ausfchnitte der grofsen