Prager Schule.
Die
keit aus, die religiöfen Gefühle wurden aber durch keine
übermächtige Geiitlichkeit auf ein befferes jenfeits abgelenkt,
fie nahmen hier eine ernftere, mitunter düftere Richtung
und fuchten nach Anwendung auf die Verhältniffe des wirk-
lichen Lebens. Kaifer Karl führte zwar, feiner Weltftellung
gemäfs, verfchiedenartige Einflüffe in die Malerei feines Hofes
ein, Wovon die Meifternamen Thomas von Modena und
Nicolaus Wurmfer aus Strafsburg Zeugnifs geben auch
fcheint byzantinifcher Einiiufs mit eingewirkt zu haben
dennoch bewahrt die böhmifche Schule den einheitlichen,
localen Charakter, den man auf Dietrich von Prag und
Meifter Kunze zurückführen will. Ihre Geftalten, meift wuchtig
mit Vorliebe überlebensgrofs, zeigen Würde und Ernft;
Köpfe und Hände find kräftig ausgebildet; breite, weiche
Gewandmaffen fliefsen um die freier bewegten Glieder; die
Färbung ift tief, in grauen Schatten abgetont und in den
Gewändern gebrochen, fo dafs ihr materieller Reiz nicht
fehr zur Geltung kommt. Die Augen find weit geöffnet
und fchauen beftimmt, zuweilen faft Hnfter heraus; das Bei-
werk iPc naturwahr behandelt. Trotz des gemufterten Gold-
grundes, aus dem fie heraustreten, {teht das Erhabene ihrer
Erfcheinung nicht fo fehr in einer inneren Beziehung auf
eine höhere, als vielmehr auf die irdifche Welt, auf den
Befchauer felblt, von dem fie nicht blos Verehrung, fonclern
auch Unterwerfung und Gehorfam fordern. Mehr als in
jeder anderen Malerfchule auf deutfchem Boden lag hier
der Anfatz zu grofser, monumentaler Kunft. Gefchaffen
und gehoben durch die Gunft Karls IV. erhielt diefe Schule
von Prag unwillkürlich das Gepräge der anderen Vormacht
des deutfchen Mittelalters fie ift die Malerei des alten
Kaiferthums.
Zwifchen diefen beiden Polen deutfcher
im W eften und OPcen liegt die Reichsftadt Nürnberg, die
allein unter allen anderen ähnliche Beftrebungen auf dem
Gebiete der Malerei fchon im XIV. Jahrhunderte aufzuweifeil
hat. Wie in Köln und Prag find zwar auch hier die Elemente