Papfiefel,
Wolgemxlts
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das die aufgeklärten Päpfle jener Tage Wohl kaum beachtet,
um wie viel weniger noch mit Mifstrauen angefehen haben
auf dem Gebiete der deutfchen Kunft. Indefs das Papft-
thum feinen Sitz mit dem reichften Glanze der Renaiffance
fchmückte und die Blüthe einer, am antiken Ideal genährteil
italicnifchen Kunft gehorfam feinen Befehlen diente, wagten
es die unfcheinbaren deutfchen Holzfchnitte und Kupferfliche,
feine erhabene Weltftellixng anzutaiten und zu unterwühlen,
indem fie Hunderttaufende vernehmlich anfprachen_ überall,
auch auf offener Strafse und darunter auch jene Armen
am Geiile, denen Schrift und Buch noch verfchloffen blieb.
An der Spitze derer nun, Welche fo zum offenen An-
griff fchritten, Preht Michel Wolgemut. Im Januar des Jahres
1496 warf er einen kleinen Kupferftich auf den Markt, der
eine arge LäPcerung des päpftlichen Stuhles darftellte. Er
führt in vollkommenen Renaiffancebuchftaben die Auffchrift:
vROMA CAPVT MVNDIK, Rom das Haupt der Welt.
Man fleht darauf links im Grunde die Engelsburg, überragt
von einer mit den Schlüffeln Petri gezierten Fahne, rechts
die mittelalterliche Torre di Nona, von der heute noch die
Via di Tordinona den Namen führt, und zwifchen beiden
hindurch fliefst der Tiber 1). Mitten inne aber fteht ein
weibliches Ungeheuer, mehr befchuppt als behaart, auf
einem Bockfufs und einer Geierklaue. Ihre linke Hand iPc
I) Paffavant, P. Gr. II. S. 135,
Nr. 71. Die übrigen Infchriften
lauten, oben: CASTEL S. AGNO
TORI DI NONA TEVERE;
unten links das Datum: IANVARII
1496 und in der Mitte das Mono-
gramm W. Eine verkleinerte bei-
läuüge Reproduction des höchfi felte-
nen Kupferfiiches enthält die Initiale
am Anfange des Capitels. Originale
beützen das Dresdener Kupferüich-
cabinet und das Britifh-Museum.
Nachgeftochen bei Jaime, Musäe de
la Caricature, 1836. Eine gleich-
zeitige Copie in Holzfchxlitt ohne die
Infchriften, doch mit der in gothifchen
Lettern gefetzten Ueberfchrift: vDer
Bapfizefel zu Roma, erfchien als Pam-
phlet mit einer Interpretation von
Melanchthon und Luther zu Witten-
berg 1523, 8 Seiten in 40. Abge-
bildet von Champfleury in der Ga-
zette des Beaux-Arts, 1873, II, S,
4! 3, und defferm Histoire de 1a Cari-
cature sous 1a Reforme, S. 61. In
dem Wittenberger Text heifst es, das
Ungethüm fei 1496 todt im Tiber
gefunden worden, ohne Zweifel 15105
eine Abffraction vom Datum des
Stiches.