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VIII.
Wettfireit mit Wolgemut und
Der
die frühen Kupferüiche.
wo fie mit dem unglücklichen Haufen hin wollten. Kaum
konnten fie ihm antworten vor Schwäche und Schmerz und
ihm fagen, er werde es felbft gleich fehen. Hierauf zogen
{ie auf eine Wiefe, wo fie, kaum angelangt, iämmtlich, grofs
und klein, niedertielen und Pflanzen ausriffen und gierig ver-
zehrten. Bei diefem Anblick fühlt {ich Pirkheimer anfangs
ganz betäubt, endlich bricht er in Thränen aus über folchen
Jammer. Die Alten aber erzählen ihm, wie die Väter diefer
Unglücklichen im Kriege gefallen, ihre Mütter in Kummer
und Elend verkommen und verfprengt, ihre Wohnungen
verbrannt und {ie felbft von aller Welt verlaffen wären; der
Haufe diefer armen Kleinen wäre noch viel gröfser gewefen,
Hunger und Tod hätten denfelben fchon fo gemindert, und
fie hofften bald alle an die Reihe zu kommen. Daneben
konnte der Gelehrte noch bemerken, dafs die Kinder den
fauerlichen Kräutern den Vorzug gaben und diefelben durch
den blofsen Anblick zu erkennen wufsten.
Seit die Welt von den Schrecken des Krieges heim-
gefucht wird, iPt gar viel folch' unfäglichen Elends über die
Menfchen ergangen. Aber es fand {ich niemand in der
harten alten Zeit, der es der Mühe werth gefunden hätte,
ihrem Jammer eine ernPtere Betrachtung und Theilnahme
zu widmen. Endlich ifl die Zeit um, der Menfch wird
menfchlich, er lernt {ich fühlen in fich felbft, in Anderen, in
feinem Volke, in feinem ganzen Gefchlechte! Und wir fehen
einen deutfchen Kriegsoberfien erbeben und Thränen ver-
giefsen, angewandelt von jenem Gefühle, dem unfer Dichter
mit den edlen Worten Ausdruck gegeben hat: rßDer Menfchheit
ganzer Jammer fafst mich anal Aus folchen Empfindungen
fpricht der Geift der Humanität, der {ich loslöft von der
mittelalterlichen Weltanfchauung und in der Rückkehr zur
Natur und zum Menfchen für den neuen Inhalt die neue
Form des Ausdrucks findet. Sie kennzeichnen Pirkheimer
ebenfo wie Dürer als Bürger einer befferen Zeit, als moderne
Menfchen.