Volltext: Dürer (Bd. 1)

232 
Vlll. 
mit Wolgemut und 
Der WVettftreit 
frühen 
Kupferftiche, 
und deren mit W bezeichnete Platten in deffen Befitz blieben. 
Als fich dann Dürer endlich im Jahre 1497 ganz felbfländig 
machte, war er darauf bedacht, fein geiftiges Eigenthum an 
diefen Kupfern zurückzunehmen, er flach fie fämmtlich auf s 
Genauefte nach und verfah die neuen Platten mit feinem 
nun erft angenommenen berühmten Monogramm. Dies der 
einzig mögliche Sachverhalt. 
An der Hand des Anatomen und Archäologen Hart- 
mann Schedel konnte Wolgemut allerdings zur Entlehnilng 
antiker Motive, wie zum befferen V erftändniffe des Nackten 
gelangen. Die trockene Compilation aus den Trümmern 
fremder Arbeiten wäre demnach fein Werk, die Compofltioxl 
beforgte Dürer. Dürer ift der geborene Compofiteur, und 
er ift in feinen Erfindungen ftets von peinlicher Selbftändig- 
keit. Wenn er in feiner Jugend die Werke anderer Meifter 
fludiert und nachbildet, fo verfolgt er damit indirect den 
ausgefprochenen Zweck, fein Auge, feine Hand zu bilden. 
Er copiert Mantegna um des Seelenausdruckes und der 
plaftifchen Bewegtheit, Wolgemut um der technifchen Voll- 
endung willen. Es galt, der noch widerfpenfligen Kupfer- 
platte Herr zu werden. Aber auch die etwas fchenlatifchen, 
posierenden nackten Geftalten auf jenen grofsen Stichen, 
insbefondere die weiblichen, die Amymone, die Dejanira, die 
Venus, welche auf vdem Traum des Doctorsr zuerit in der 
nordifchen Kunft ihre Reize enthüllte, vdie vier Hexenr, in 
denen der weibliche Körper von allen Seiten zur Schau 
geftellt war, waren wohl geeignet, den Wetteifer Dürers 
herauszufordern. Lehrreich ift in diefer HlllflCht ein Ver- 
gleich mit jenen kleinen Kupferftichen, die wir als erfte 
Originalarbeiten Dürers aus der gleichen Zeit anfehen müffen. 
Dahin gehört z. B. der heilige Sebaftian, von vorne gefehen, 
mit dem überlangen Rümpfe und dem grofsen apokalyp- 
tifchen Kopfe 1), und der ltehende Schmerzensmann mit den 
erhobenen Händen, an dem die wulftige Anatomie, die Ver- 
Bartfch,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.