Volltext: Dürer (Bd. 1)

Orpheus. 
Der große 
Hercules. 
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baum, fehr ähnlich demjenigen auf dem mantegnesken Kupfer- 
ltiche einer Grablegung'). Den von einer feften Stadt ge- 
krönten Felfen in der Mitte erfetzt Dürer durch eine hohe 
Baumgruppe, fehr ähnlich derjenigen auf dem Kupferftiche 
Hercules; nur hängt ein offenes Buch in den Aeften und 
oben durch fchlingt {ich eine Bandrollemit der lnfchrift: 
"lßtfruz nur QEvst puseranm). Auch die von vorne ge- 
fehene, zum Schlage ausholende Frau links und der davon- 
eilende Knabe kehren in Dürers Kupferftich in der Mitte und 
zur Rechten wieder. Im Gegenfatze zu dem altitalienifchen 
Stiche ift Dürers Federzeichnung überhöht; die Figuren er- 
fcheinen daher in viel gröfserem Mafsftabe und find dem- 
gemäfs auch viel mehr in's Einzelne durchgeführt als dort. 
Gleichwohl wird die Zeichnung durch Fülle und Ebenmafs 
der Formen, wie durch Sicherheit und Gefchmack der Linien- 
führung von dem Kupferftiche Hercules noch bedeutend 
übertroffen. 
Seitdem Sotzmann erkannte, dal's der Hercules des 
niederländifchen Tagebuches identifch fei mit dem Kupfer- 
ftiche, genannt: vdie Eiferftlcht oder der grofse Satyrr, kann 
auch über die Deutung des Gegenftandes weiter kein Zweifel 
beftehen. Es ilt eine freie Darftelltings der Gefchichte von 
Hercules, Neffus und Dejanira, nach irgend einer mittelalter- 
lichen Auffaffung. Die Nymphe liegt freilich im Schofse 
eines Satyrs. Wohl hatte ilCll noch im XI. und XII. jahr- 
hunderte die antike Vorftellung von Centauren mit Pferde- 
leibern in der deutfchen KunPc traditionell erhalten, wie dies 
die Erzreliefs an den Thüren des Domes in Augsburg und 
an der KorffunTchen Thüre der Sophienkirche in Novgorod 
bezeugen. Seitdem aber war fie in Vergeffenheit gerathen, 
und weder die deutfchen noch die italienifchen Meilter der 
I) Bartfch, XIII. 317. Nr, 2, 
2) Buzerone , Venetianifch  dialek- 
Tifch für: bugerone, Knabenfchänder. 
Abbild. des Stiches und der Zeichnung 
in der Gazette des Beaux-Aris 1878, 
I. S. 445 u. 449, desgleichen in 
Dürer-Quantin S, 21 und Tafel zu 
S. 24; letztere mit der verlefenen 
Jahreszahl 1292 Pcatt 1494.
	        
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