Volltext: Dürer (Bd. 1)

Befreiung von 
der 
Gothik. 
gezeichnet; lie verrathen zwar noch in Haltung und Ge- 
wandung die antike Ueberlieferung und deren vorwiegend 
plaftifchen Gefchmack, bleiben aber ohne wahren tieferen 
Ausdruck. Bei diefer Pcationären Unvollkommenheit der 
malerifchen Leiftuxigen im Allgemeinen ift anfangs auch der 
Unterfchied derfelben in den verfchiedenen Gegenden Deutfch- 
lands nur ein geringer. Erft feit der Mitte des XIV. Jahr- 
hunderts macht fich bei rafch fortfchreitender Technik auch 
in den Formen der nationalen Kunft ein landfchaftlicher 
Gegenfatz geltend  es bilden flCll die erften deutfchen 
Malerfchulen. 
Innerhalb diefer Schulen unterordnet {ich der Einzelne 
noch ein Jahrhundert lang völlig den gleichen Principien; 
fein Schaffen geht auf in dem der Genoffen und hebt {ich 
wohl nach dem höheren und geringeren Grade technifcher 
Ausführung, nicht aber dem Charakter nach von der Menge 
ab. Erft um ein Jahrhundert fpäter fchreitet die Sonderung 
der Eigenthümlichkeit noch weiter. Immer deutlicher unter- 
fcheidet {ich das Individuum mit feiner beftimmten Formen- 
anfchauung, feiner befonderen einheitlichen Gefühlsweife. In 
bewufster Kraft erhebt {ich nun die Perfönlichkeit des ein- 
zelnen KünPclers zur Aufnahme und Ausprägung der Ideen 
und Gefühle, welche feine Zeit bewegen; und auf diefer 
Bildungsßtife erft wird die Erforfchung und Würdigung eines 
einzelnen Meifters möglich, erfpriefslich, nothwendig; denn 
fein Leben und Wirken gewinnt Wieder eine allgemeinere 
Bedeutung, es wird zu einer Verkörperung des ganzen 
nationalen Wefens. 
Diefer fubjectiven Auffaffting {iand die deutfche Malerei 
noch ziemlich ferne, als {ie im Verlaufe des XIV. Jahr- 
hunderts die Umarmung der Architectur abfchüttelte. Viel- 
mehr führte die Malerei jener frühen Periode noch deutliche 
Spuren ihrer Herkunft mit fich, und man hat fie deshalb 
auch mit dem Namen der gothifchen bezeichnet, was nur 
infofern berechtigt iPc, als eine dem abftracten gothifchen 
Formbegriffe im Allgemeinen verwandte Gefühlsweife ihr zu 
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