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VIII.
mit Wolgemut
Der Wettßreit
frühen
ICupferItiche.
die Buchitaben O. G. H. etwa in Sprengeffchem Latein zu
lefen fein: Obsidium generis humani. Diefe Auffaffung
mag rafch populär geworden fein und kann {ich leicht als
Tradition bis auf Sandrart fortgepflanzt haben; {ie ward
vielleicht auch vom Künfller mit Rückficht auf den Markt
begünfiigt.
Im Grunde aber wird Wolgemut, wie fein gelehrter
Rathgeber, den wir unbedingt vorausfetzen müffen, doch
nur mythologifche Perfonen im Auge gehabt haben, wenn
wir auch heute nicht im Stande fmd, fie beim Namen zu
nennen. Dafs dabei zugleich, dem Zeitgefchmacke gemäfs,
die moralifche Bedeutung unterlief, wie hinter weiblichem
Reiz und weiblicher Eitelkeit Tod und Teufel lauern, ift
natürlich und fchliefst noch eine bePcimmtere gegenftändliche
Erklärung gar nicht aus. Schliefslich war es doch dem
Künftler weder um den Hexenhammer, noch um die claffifche
Gelehrfamkeit, noch um die Moral zu thun, fondern um die
Schauftellung des weiblichen Körpers und feiner Reize. Es
herrfcht auch in den" vier nackten Frauen weitaus mehr
Naturiludium als Priliftifche Auffaffung; und wie der Meifler
im Herzen zu dem alten Banne Hand, der gleicherweife
auf Antike, Natur und Weiblichkeit laftete, kann nicht
zweifelhaft fein.
Wenn nun in diefen beiden Fällen der Beweis der
Originalität von Wolgemuts Stichen gelungen ift, dürfen wir
uns bei der Vergleichung und Betrachtung der übrigen Nach-
fliche Dürers kürzer faffen. Der Raub der Amymone (B. 71),
von Dürer felbft das vMeerwundere, von Quad der wSee-
reiterr, vom Nürnberger Anonymus der vSeeräuberr genannt,
ift im felben Sinne nach Wolgemut geftochen, dem dabei
ohne Zweifel das Motiv einer, von einem Triton getragenen
Nereide vorfchwebte, wie es auf antiken Sarkophagen vor-
kommt. Körper und Kopftypus der Amymone zeigt Analogien
mit der Venus auf dem vTraumß; ihre ruhige Lage con-
traftiert befremdlich mit dem zum Hilferuf geöffneten Munde.
Eine Himmelserfcheinung, wie von einem Kometen, hat Dürer