vier
Die
Hexen,
und Mythologie,
Hexenglaube
219
Dürers Stich ganz aufser Frage ftellte. NVir fehen freilich
noch nicht fo klar in diefer fchwierigen Frage, um über die
Reihenfolge von Wolgemuts Stichen und Dürers Nachftichen
auch nur Vermuthtmgen aufzuftellen. Daran aber dürfte
nicht zu zweifeln fein, dafs das Jahr 1497 nur der Vollendung
von Wolgemuts Original entfpricht 1).
Ueber die Bedeutung, welche der Künftler den vier
nackten Frauen verfchiedenen Alters geben wollte, find wir-
und war man ftets im Unklaren. Zu ihren Füfsen liegt
Schädel und Todtenbein, im Hintergrunde links lauert der
Teufel. Schon Sandrart widerfpricht der Annahme von drei
Grazien und fleht in ihnen vier Hexen. Diefe Auffafftmg
ift heute noch die allgemeinfte. Sie hat mit Rückflcht auf
die Zeitverhältniffe, unter denen das Blatt entitand, viel für
fich. Im Jahre 1484 erliefs Papi": Innocenz VIII. die be-
rüchtigte Bulle: xSummis desiderantese, in welcher er zur
Verfolgung der Hexen in Deutfchland auffordert. Der
Inquifitor Jakob Sprenger verfafst im Jahre 1487 feinen
Malleus maleficarum, den Hexenhammer, der 1489 zuerft in
Köln, 1494 bei Anton Koburger zu Nürnberg gedruckt
wurde. Schon 1496 erfchien hier die zweite Auflage des
Werkes nebft anderen Büchern über die Hexentheorie. Da
konnte freilich ein Nürnberger Maler leicht auf die Darftellung
einer Hexenceremoiiie verfallen; und in diefem Falle könnten
I) Die gegenfeitige, mittelmäßige
Copie mit dem Monogramm S in H,
daneben ein Mefferchen, hat flatt
delfen 1498. Die gegenfeitige Copie
von Nicoletto da Modena, Heller Nr,
865, mit Veränderungen, als Paris-
urtheil genommen, führt auf der Kugel
die Infchrift: DETVR PVLCRIORI
1500. Wieder eine Copie danach ifl
das Niello: Duchesne, Essai sur les
Nielles, Nr, 234. Die vierte Frau
wird hier als Eris erklärt, die Kugel
oben als deren Apfel. Die neuer-
dings wieder aufgebrachte Anücht,
als ob auch der Originalflich das
Urtheil des Paris vorflelle, ward ge-
bührend abgethan von M. Allihn,
Kunftchronik 1872, VII. 187, Eine
Zeichnung bei H. Peterfen in Nürn-
berg ifl genaue Copie nach Dürers
Stiche. Vergl. überhaupt die gründ-
lichen culturhifiorifchen Unterfuch-
ungen über einige Kupferßiche Dü-
rers von Max Allihn, Dürerfhxdien,
Leipzig 1871, Mit Von-ficht zu be-
nützen fmd dagegen die weiteren
Ausführungen von A. Rofenberg, Dü-
rerfizudien, Zeitfchr. f. bild, K, VIII,
284, 350; u. IX. 254.