Volltext: Dürer (Bd. 1)

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VIII. 
mit XVolgenmut und 
Der WVectfireit 
Kupferftiche. 
frühen 
ihn hat auch der Tod mehr Ernft aber weniger Schrecken, 
er ift ihm weder das nackte Scheufal noch der muthwillige 
Poffenreifser 1). Nicht als kahles Gerippe, fondern als wohl- 
gebauter wilder Mann küfst er fanft das blühende Weib auf 
dem Wappen des Todes, dem Kupferftiche von 1503. Wenn 
das Skelett fonit in feinen Compofitionen ja vorkommt, fo 
ift es gröfstentheils verhüllt und fleht ruhig da mit der 
Sanduhr, gleich einer warnenden Erfcheinung; fo auf dem 
Flugblatte von 1510 und ähnlich im Gebetbuche Kaifer 
Maximilians?) dann im Kupferftiche Ritter, Tod und Teufel 
von 1513. Nur einmal bildet Dürer den Tod als ganz 
unverhülltes Gerippe in feiner ganzen Furchtbarkeit auf der 
grofsen Kreidezeichnung in der Sammlung des Mr. Malcolm 
in London. Auf einem elenden, weit ausgreifenden Schinder- 
gaul, dem eine mächtige Schelle um den Hals baumelt, fitzt er 
vorgebeugt, {ich mit der Rechten an der Mähne ankrampfend 
und auf den Ellenbogen geitützt, mit der Linken die Hippe 
nachfchleifend, wie müde von der Arbeit. Er trägt blos 
eine Zinkenkrone auf dem Haupte; vor ihm fteht in grofsen 
Lettern: MEMENTO MEI 1505  wohl mit Bezug auf das 
grofse Sterben, die Seuche, die damals in Nürnberg wüthete. 
So reitet König Tod über Land! Da ift keine Spur von 
Komik, von Satire, auch kein widerlicher Contraft. Die ein- 
fache Grofsartigkeit der Conception läfst nicht einmal das 
Entfetzen am Gcgenllande aufkommen. Erft Alfred Rethel 
hat in unferen Tagen etwas von diefer Auffaffting wieder- 
gefunden. Die Art, wie Dürer den Tod gebildet, ift fo auch 
ein Zeugnifs dafür, dafs er mit feinen Empfindungen weniger 
dem Mittelalter, als der neuen, modernen Zeit angehört. Nicht 
in dem Mafse gilt dies von Michel Wolgeniut, dem die Er- 
l) Vergl. auch Thauflng: Hans 
Baldung Grien unrl nicht Dürer, 
Jahrb. f. Kunllw. II. 215-217. 
2) Dort wohl auch einmal mit der 
Hippe einen fliehenden Reiter ver- 
folgend. Im Befxtze des Malers Leon 
Bonnat in Paris eine fehr feine Feder- 
Zeichnung von 15I4: Ein Bifchof 
(Sh. Nicolaus  von zwei Diaconen 
gefolgt in einer Säulenhalle, zu (einer 
Linken fchreitet der Tod als Skelett, in 
einen Mantel gehüllt, mit dem Spaten. 
liacümile bei GiufeppeVallardi, T rionfo 
e danza. della morte etc. Milano 1859.
	        
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