Volltext: Dürer (Bd. 1)

erßen 
deutfchen 
Malerfchulen, 
Stilperiode bewegte {ich diefelbe noch in grofsen, mafsvollen 
Formen, ohne den Ueberlieferungen des Alterthums ganz 
untreu zu werden. Der Sieg des Papftthums über das 
Kaiferthum jedoch brachte den kirchlichen Idealismus des 
Nordens fo fchrankenlos zur Geltung, dafs er losgelöft von 
Natur und Mafs dem Drange eines erregten Gemüthslebens 
bis in's Unmögliche folgte. Es entwickelte {ich in Nord- 
frankreich die Gothik, welche nicht fowohl der Ausdruck 
des bunten mittelalterlichen Volkslebens ift, als vielmehr 
der Wiederfchein einer beftimmten, niemals wirklich durch- 
geführten hierarchifchen Weltanfchauung. Hatte der roma- 
nifche Stil noch der Sculptur und der Wandmalerei eine 
felbftändigere Geltung geftattet, fo drückte die gothifche 
Baukunft die Schwefterkünfte zu blofser Ornamentik herab. 
Indeffen hatte fich auch der grofse Kreislauf vollzogen, 
in welchem Rom, zuerPc mit ftaatlichen und fodann mit 
kirchlichen Mitteln die Völker des Abendlandes zu einem 
gemeinfamen Bildungsgange vereinigt hatte. Die nach allen 
Richtungen ausgeftreuten Keime hatten Wurzel gefchlagen. 
Bei fortfchreitender Gliederung des Ganzen in feine Theile 
begann ein mannigfaches, felbftändiges Culturleben der 
Nationen, Landfchaften, Städte, Individuen. Indefs nun die 
tectonifchen Künfie noch dem älteren Zugelnach dem All- 
gemeinen folgten, warf fich der Volksgeift in feiner Be- 
fonderheit vorzüglich auf das Malerifche und drängte weiter 
zur Befreiung des Wandgemäldes und der Miniatur von ihren 
gothifchen Feffeln. Als Tafelbild, Kupferftich und Holz- 
fchnitt lofte fich die deutfche Malerei von der Baukunfi 
und dem gleichen Gefetzen unterliegenden Schriftthume los 
und übernahm fortan die Führerfchaft auf dem Gebiete der 
neueren Kunft. 
In ihren Anfängen bewegte üch die Malerei Deutfch- 
lands, foweit wir diefelbe  zumeiPc in Miniaturen  zurück- 
verfolgen können, vornehmlich in den noch aus dem Alter- 
thume flammenden altchrifllichen Formen. Die Figuren von 
derben Umriffen lind mehr oder minder unvollkommen
	        
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