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VIII.
Kupferßiche.
frühen
Der Wettßreit mit Wolgemut und die
Albertina die Auffchrift von einer Hand des XVI. Jahr-
hunderts: vDiefer Stecher hat Wenzel geheifsen, iPr ein Gold-
fchmied gewefencr. Diefe Nachricht zufammengehalten mit
der Bezeichnung auf dem Tode der Maria nach Schongauer
(Bartfch 22): 1481, WENCESLAVS DE OLOMVCZ IBI-
DEM, veranlafste Bartfch auch fämmtliche mit einem W
bezeichnete und früher Wolgemut zugefchriebene Stiche für
Werke diefes Wenzel zu erklären. Der fonft nicht näher
bekannte Olmützer Goldfchmied follte in feiner Jugend
Schongauer, in feinem Alter Dürer copiert haben, was doch
fchwerlich von Wolgemut hätte behauptet werden können.
Letzterer könnte aber nach Bartfch auch darum Dürern
nicht die Vorbilder für eine Reihe feiner Kupferftiche ge-
liefert haben, weil die mit W bezeichneten Blätter den
entfprechenden Arbeiten Dürers um vieles nachftünden; ein
Grund, der trotz feiner Allgemeinheit leicht verfing, an-
gefichts der fpäten und fchlechten Abdrücke, in denen die
Stiche des MeiPcers W zumeiPc vorkommen.
Nur das unbedingte Fefthalten der alten Regel, dafs
die Copie oder Wiederholung eines Kunftwerkes durch einen
anderen Meifter dem Original in jeder Beziehung nachfiehen
müffe, konnte Bartfch der Gefahr einer Täufchtlng ausfetzen,
ähnlich derjenigen, die ihm in einer analogen Frage bei der
Beurtheilung Marcantonio Railnondis unterlief l). S0 folge-
richtig nämlich das Princip aus der Erfahrung der Gegen-
wart und aus der Beobachtung früherer Jahrhunderte gezogen
fein mag, für die Zeiten einer auffteigenden Kunftbewegung
und für die Denkmäler einer eben in rafchem Aufblühen
begriffenen Technik wird feine Anwendung doch an manche
Vorbehalte geknüpft fein. Zunächft haben die Meifter des
XV. Jahrhunderts gar nicht jenen krankhaften Begriff von
Originalität, dem gemäfs jedes neue Werk fich in allen
Beziehungen, in Stoff, Compofition und Ausführung foviel
wie möglich von dem bereits Vorhandenen unterfcheiden
Vergl.
Marco
Thaufmg :
Dante v. Ravenna,
Archiv
1870.