Augsburg und Nürnberg.
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Terra Hrrna erft verhältnifsmäfsig fpät in die Lagunenltadt
vordringt und dort längere Zeit unvermittelt neben der
empfindfamen gothifch-naturaliftifchen Richtung hergeht.
Folgerichtig mufste daher der Einflufs, der von Venedig
auf Nürnberg überging, ein zwiefpältiger und wefentlich
anderer fein, als jener der lombardifchen Kunft auf Augsburg.
Dazu kommt noch, dafs flch der letztere auf dem gewöhn-
lichen Wege der unmittelbaren Anfchauung, des Nachfühlens
von Künftler zu Künftler fortpflanzte, während der Ueber-
gang von Venedig nach Nürnberg einen theoretifierenden
Beigefchmack hat, auf Nachdenken und wohl- gar auf einer
ganz bewufsten gelehrten Vermittelung beruht. Ohne er-
örtern zu wollen, inwiefern ein folches Dazwifchentreten der
claflifchen Gelehrfamkeit der deutfchen Kunit von Nutzen
oder vom Uebel gewefen fei, mufs doch einleuchten, dafs
ein fo verfchränkter Zufammenhang von Urfachen und
Wirkungen fchwer zu verfolgen, fchwerer noch auf feine
Ausgangspunkte zurückzuleiten ifi. Und doch fmd wir ge-
nöthigt, es zu verfuchen, wenn wir nicht vor räthfelhaften
Thatfachen liehen bleiben wollen.
Suchen wir nach einer Perfdnlichkeit, welche geeignet
war, diefe eigenthümlichen, antiquarifch-artifiifchen Einflüffe
Italiens auf Nürnberg fchon im XV. Jahrhunderte zu ver-
mitteln, fo weift uns alles auf den Stadtphyficus und Hiftorio-
graphen Doctor Hartmann Schedel, geb. zu Nürnberg 1440,
geil. dafelbft 1514. Nachdem er in Leipzig Magifter der
freien Künfte geworden war, hatte er im Jahre 1463 die
Univerfität Padua bezogen, um Medicin zu ftudieren. Sein
Aufenthalt dafelbft fällt gerade in die Jahre, da Andrea Man-
tegna mit Hilfe gelehrter Freunde von der Univerfxtät feine
antiquarifch-realiftifche Renaiffance ausbildete und mit ihr
Triumphe feierte, bis zu deffen Berufung an den Hof der Gon-
zagen nach Mantua im December 14661). Wie Schedel felbft
I) Crowe und Cavalcafelle, Gefch,
d, ital, Malerei, deutfch v. M. Jordan
406;
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CÜC.