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VII.
Die M alerwerkflatt ;
F älfcher.
Gefellen und
befunden haben foll Ob der Dresdener Altar bereits auf
Beftellung des Kurfürften Friedrich des Weifen von Sachfen
gemalt oder blos nachträglich von ihm erworben wurde,
läfst {ich nicht feftftellen. Beides ift möglich, da {ich Friedrich
feit October 1494 bis Juni 1501 wiederholt in Nürnberg
aufhielt T). Der eritere Fall wird aber wahrfcheinlich, feitdenl
wir die Beziehungen Dürers zu feinem Pceten Gönner, dem
Kurfürften, fchon bis in den Beginn des fechzehnten Jahr-
hunderts zurückverfolgen können.
Dabei kommt nun noch ein anderes Denkmal in Betracht.
Die Direction der königlichen Gemäldegalerie in Berlin erwarb
im Jahre 1882 das Bildnifs eines vornehmen Mannes aus
der Sammlung des Duke of Hamilton, deffen formale tech-
nifche Behandlung fo auffallende Analogien mit derjenigen
des Dresdener Altares aufweifi, dafs wir nur eine gleich-
zeitige Entfiehung unter derfelben Künfilerhand annehmen
können 3). Der Dargeftellte, ein kräftiger Mann in mittleren
Jahren, trägt ein fchwarzes Barett und ein eben folches mit
Goldbrocat befetztes Damaftwamms; er erfcheint lebensgrofs
in halber Figur, die Ellenbogen aufftützend, indem er die
beiden Hände übereinanderlegt und in der Linken eine kleine
Papierrolle hält. Die lange Nafe mit herabgebogener Spitze,
die tleifchigen Lippen, die tiefen Falten an den Nafenwinkeln,
dazu die grofsen dunkelbraunen Glotzaugen mit vortretenden
Augäpfeln, Weitgeöffnet, fo dafs faft die ganze Iris fichtbar
wird, darüber die convergierenden Brauen, unter denen der
Pcechende Blick etwas fchräge auf den Befchauer fallt, geben
dem Kopfe einen packenden, fascinierenden Ausdruck. Gleich-
wohl fchlägt durch die gefpannte Aufmerkfamkeit der Mienen
eine heitere Grundftimmung durch. In einem feltfamen
Gegenfatze zu dem fchwarzen, borftigen Bart {teht das
braune, gelockte Haupthaar, das mit Dürers hierin früh
1) Heller, Dürer, II. 264,
2) H. Deichslers Chronik in den
Chroniken der fränkifchen Städte, V.
577, 586, 587,616,622, 624, 630, 639.
3) Nr. 364 in Leimfarben auf
grober Leinwand; H. 76, Br. 57
Centim. Jul. Meyer, Jahrbuch d. k.
preufs. Kunftfamml. 1833. I.