Volltext: Dürer (Bd. 1)

Def 
Dresdener 
Altar, 
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Halbßgur in blauem Gewande. Der mächtige, ernft und 
gefammelt herabblickende Greifenkopf und die gewaltigen, 
knorrigen Hände {ind von fo großartiger Naturwahrheit, 
dafs das forgfaltig behandelte Beiwerk, der Engel mit der 
Rofenkrone und die fanften kleinen Ungeheuer, dagegen 
kaum in Betracht kommen. Die nackte Halbflgur eines 
Betenden mit fchmerzhaftem Ausdrucke auf dem rechten 
Flügel ift St. Sebaftian; einer der Engel oben hält einen 
Bündel Pfeile. Die zeichnend behandelte Anatomie hat zwar 
etwas Hartes, Felfenartiges, ift aber getreu und ohne Vor- 
behalt von der Natur abgefchrieben. Die Haare fallen in 
einzelnen Striemen herab, wie bei manchen venetianifchen 
Frauenfriftiren. Doch ift offenbar ein deutfches Modell be- 
nutzt; ja es ift dies vielleicht feit van Eyck der erfte lebens- 
grofse Act, der diesfeits der Alpen nach der Natur gebildet 
wurde. Auch das Beiwerk diefes befonders wohlerhaltenen 
Flügels: ein Glas Waffer mit Wiefenblumen darin, ein Stück 
Brod und der Durchfchnitt eines halben Apfels, lind tmgemein 
forgfaltig ausgeführt. Am deutlichften erkennt man den 
Meifter an den oben fchwebenden Engeln, deren freilich 
wenig belebte Köpfe den fpäteren Kindertypus Dürers 
bereits vollftändig ausgebildet zeigen; z. B. das Köpfchen 
rechts über der Schulter Sebaftians und das lachende mit 
dem 
Korallenhalsbande 
links. 
Der Dresdener Altar Pcammt aus der Allerheiligenkirche 
in Wittenberg, was unfere Zuverficht in deffen Authenticität 
nur erhöhen kann. Denn Scheurl erwähnt bereits im Jahre 
1506 drei Altartafeln Dürers, als in jener Kirche, nahe bei 
der Kanzel aufgeftellt1). Da über die beiden anderen Werke 
Dürers, die hier gemeint lind, kein Zweifel befteht, fo kommt 
vielleicht eine andere, weniger genaue Nachricht in Betracht, 
nach Welcher flch dafelbft unter den Gemälden Dürers eine 
vMaria mit mehreren Engelna und ßder heilige JOfCPha 
1) Chr. Scheurl, Libellus de laud, 
Germ.: ))Decorant etiam sacellum 
omnium Sanctorum Vitembergae (pro- 
pe ambonem) tres huius tabulae: cum 
illis tribus operibus, quae Apelles se 
fecisse putabat, cerlantesa.
	        
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