Der
Dresdener
Altar.
169
laftete auch noch die Sorge für feine greifen Eltern, feine
unmündigen Gefchwifter. S0 fah fich denn Dürer veranlafst
einltweilen wieder in die Werkftatt Meifter Wolgemuts als
Gefelle einzutreten und noch drei Jahre lang zumeift für
diefen zu arbeiten, wie fich dies aus den Ergebniffen der
beiden folgenden Capitel deutlich und nothwendig ergiebt.
Erfl im Jahre I497 machte fich Dürer felbftändig und hielt
eine eigene Werkftatt. Wenn nun Auftrage auf ein oder
das andere Altarwerk an den Anfänger gelangten, fo gefchah
es wohl unter Bedingungen, die eine gröfsere Vertiefung
in die Arbeit, eine forgfalltige eigenhändige Ausführung
kaum geftatteten. Die Zeit und die Kraft der heifchenden
Gefellen mufsten zu Rathe gehalten werden, wenn der junge
Meifier auf gut bürgerlich dabei leben wollte. Und fo fehen
wir denn Dürer in feinen frühelten gröfseren Malereien
zumeift der flüchtigen, handwerksmäfsigen Uebung Wol-
gemuts und feiner übrigen Kunftgenoffen folgen. Die treff-
lichen Entwürfe oder Umriffe werden den wKnechtene über-
antwortet, ohne viel Rücklicht darauf zu nehmen, was deren
Ausführung Gutes daran übrig läfst. Von diefem Gefichts-
punkte müffen die frühen kirchlichen Gemälde, die aus Dürers
Werkflatt hervorgingen, unterfucht und beurtheilt werden,
foweit uns diefelben überhaupt bekannt und erhalten fxnd.
Zum Glück befitzen wir aber noch ein Altarwerk, das
in der erfien Zeit nach feiner Heimkehr entltanden und
unter dem Eindrücke, in dem Auffchwunge feiner Reife-
erinnerungen ganz von feiner Hand ausgeführt zu fein fcheint.
Nach dem ausgezeichneten Orte feiner Aufbewahrung nennen
wir das bisher wenig beachtete, grofse Triptychon den
Dresdener Altarl).
Es ift in Waffer- oder Leimfarben unmittelbar auf die
feine Leinwand gemalt in jener rafcheren Technik, die nicht
blos den deutfchen Meiftern, fondern auch Mantegna und
I) K. Galerie II. Stock, Nr, I626.
Kam 1687 aus der Schlofskirche von
Wittenberg.