Die Fabel von
Xanthippe.
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Nürnberg, wo man flch fortan am meiften mit Dürer be-
fchäftigte und leicht in das Schriftftück Einficht nehmen
konnte. In die Oeffentlichkeit gelangte aber jenes Bruchftück
über die Dürerin zuerft durch Joachim von Sandrart und
zwar mit folgendem Titel und Eingang: vExtrakt eines
Schreibens Herrn Georg Hartmanns an Herrn Büchlerß
bDas an mich abgegangene Schreiben habe ich empfangen,
in welchem Ihr mein nicht allein in Gutem gedenkt u. f. wxr,
Während es im Anfange von Pirkheimers Brief an T fcherte
hcifst: xmir hat unfer guter Freund Herr Jörg Hartmann
ein Schreiben, durch Euch an ihn gethan, angezeigt, in
welchem Ihr mein nit allein etc. e Im übrigen ftimmen beide
Texte mit mehr oder weniger Lefefehlern ganz überein.
Ob es Mifsverftändnifs war, ob Abflcht, dafs Sandrart den
Namen des Nürnberger Mathematikers Georg Hartmann
aus der Einleitung des Briefes in den Titel hinaufzog und
ihn damit zum Autor deffelben machte, kann uns hier
gleichgiltig sein; jedenfalls ergab fich daraus eine glänzende
Beftätiguilg des Romans, den er eben zuvor feinen Lefern
aufgetifcht. Aus Zeichnungen Dürers, die er im Kunflcabinete
des Kaifers gefehen hatte, und auch wohl durch mittelbare
Kunde von deffen Tagebuch wufste Sandrart von der Nieder-
ländifchen Reife unferes Meifters. Auf (liefen Grundlagen
läfst er nun feiner Phantafle freies Spiel. Wir werden eines
Genauern belehrt, dafs Dürer jene Reife nach den Nieder-
landen insgeheim und auf den Rath feiner Freunde, befonders
Pirkheimers, blos deshalb unternommen, um feinem keifenden
garftigenWeibe zu entfliehen, daffelbe in heilfamen Schrecken
zu verfetzen und von feiner Bösartigkeit zu heilen. Darob
in Verzweiflung, überläuft fie Pirkheimern mit Bitten und
Verfprechungen; diefer vermittelt, nachdem er ihr einen
ernftlichen Verweis ertheilt, Dürers Rückkehr; doch läfst die
Frau darauf nicht von ihrem Unwefen und verurfacht fo
den frühzeitigen Tod des guten Mannes. Das ganze Märchen
Teutsche
Akademie
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229-