Pirkheimers
Anklage.
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unzufrieden, wie er eines weiteren erklärt: xwiewohl ich
etliche habe, hätte ich doch gern gar ein fchönes und
grofses, wie ich deren welche hier WCifSa in
Nürnberg nämlich, die möchte er dann faffen und auf feinen
Söller hängen laffen. Nun hatte ihm ein aus Wien zurück-
kehrender Landsknecht weifs gemacht, dafs er dort folche
Prachtexemplare gefehen habe: nwo es möglich wäre, ein
hübfch oder zwei zu bekommen, Wären die mir um kein
Geld zu theuere l Bei wem er aber in Nürnberg jene hifiori-
fchen Hirfchgeweihe gefehen, ifi unfchwer aus der folgenden
Stelle zu erfchliefsen, mit der er endlich herausrückt: xAl-
brecht (Dürer) hat auch betliche Gehurn gehabt, und unter
denfelben gar ein fchönes, welches ich gern gehabt
hätte, aber {ie (die Frau nämlich) hat fie heimlich, um
einen Spott fammt anderen fehr fchönen Dingen hinweg
gegebene Darum alfo der mafslofe Zorn gegen die arme
Agnes.
Dafs es {ich bei dem langen Briefe wirklich nur um
jene Bagatelle handelt, und alles Andere blos gelegentlich
mitläuft, wird jedem klar, der den Wortlaut bis zum Ende
verfolgt und nicht blos die Einleitung lieft. Die erite Auf-
gabe hiftorifcher Kritik ift aber, jedes Zeugnifs auf die Motive
des Berichterftatters zu prüfen. Es frägt fich nicht blos,
0b der Gewährsmann die Wahrheit fagen konnte, auch ob
er fle fagen wollte. Seine Parteifiellung, fein Charakter,
feine momentane Stimmung kommen dabei in Betracht, und
alles das fpricht laut gegen die leidenfchaftlichen Invectiven
Pirkheimers.
Seit Dürers Tode waren zwei und ein halbes Jahr ver-
floffen. Die Ereigniffe vor diefem Zeitraume Ptanden fomit
nicht mehr fo frifch vor feinen Augen, wohl aber rnufs die
Verweigerung der gewünfchten Hirfchgeweihe neueften Da-
tums gewefen fein. Frau Agnes ahnte gewifs nicht, welches
folgenfchwere Ungewitter fie durch die, vielleicht gar nicht
fo abficlitliche Umgehung Pirkheimers über ihren Namen
heraufbefchworen hat. Diefer findet im Briefe an Tfcherte