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und
Heirath
Hausfland.
und weckte dadurch auch in Dürer den Sinn für mufikalifche
Genüffe, den der Meifter bei feinem Aufenthalte in Ant-
werpen I 520-2! durch feine befondere Aufmerkfamkeit für
die heften Lautenfchläger dafelbPc an den Tag legt. Vielleicht
gefitattet uns das Zufamrnentreffen verfchiedener Anhalts-
punkte, in der phantaiiifchen Darftellung eines geflügelten
Lautenfchlägers von Dürers Hand aus dem Jahre 1497 ein
Bildnifs feines Schwähers zu vermuthen Ein älterer, hagerer,
bartlofer Mann mit kurzem Kraushaar über der mächtigen
Stirn, mit langer, fpitzer Nafe und tiefliegenden Augen blickt
dort wie laufchend nach links hinab, indefs feine Finger
fehr kunftgerecht die Saiten rühren; obwohl urfprünglich in
den Umriffen fltzend entworfen, fteht die Figur nun an einer
Mauerbrüitung, auf welche die Laute geftützt ift, angethan
mit einem eigenthümlichen, weiten, gegürteten Talar, um
den Scheitel wulftfdrniig ein Tuch gefchlungen. Ueber den
Schultern erhebt {ich ein mächtig entfaltetes Flügelpaar. S0
märchenhaft die ganze Erfcheinung ift, die vielleicht einem
Scherze ihr Dafein verdankt, ähnlich demjenigen, den Goethe
von feiner Mignon erzählt, fie macht doch einen düfteren Ein-
druck, und unverwifchbar fcheint der fchwermüthige Zug um
die Lippen diefes fonft edel gebildeten Antlitzes zu lagern.
Hierzu mufs bemerkt werden, dafs ja die Entftehung
diefer trefflichen Zeichnung in das Jahr fällt, welches dem
Erfcheinen der Apokalypfe voranging. Damals fchuf alfo
Dürer für die Würgengel jene gewaltigen, knochigen, bart-
lofen Männergeftalten, die wir aus feiner Holzfchnittfolge
zuerPt kennen lernen. Es bleibe dahingeftellt, 0b diefes
Porträtftudium auf dem Wege zur Auffindung jener Typen
entftanden ift, oder ob feine feltfame Ausftattung dem im
Geifte Dürers bereits fertigen Typus jener, Männerengel
ihren Urfprung verdankt. Der innere Zufammenhang beider
Ideen fleht wohl aufser Zweifel.
1) Die ausgeführte, weifs gehöhte
Silberüißzeichnung iß; im Beütze des
Mr. W. Mitchell in London. Abbild.
der Gazette des Beaux-Arts 1877.
217. und Dürer-Quantin, Taf. zu
59-
in
II.
S.