Selbfibildnifs
1493'
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Verlefung von 2 ftatt 3 in der Jahreszahl keine zu kühne
Annahme.
Wo Dürer dies merkwürdige Selbfibildnifs gemalt hat,
wiffen wir nicht. Auf keinem feiner übrigen Porträte er-
fcheint er fo forgfaltig gekleidet, fo fchmuck herausgeputzt.
Das ftark ausgefchnittene Hemd ift unterhalb des gold-
geftickten Saumes wohl gefaltelt und mit Querbändern
unterfchnürt, die graue Jacke mit gelben Borten doppelt
verbrämt, die Aermel gefchlitzt und vorne roth ausgefchlagen
die gewöhnliche Stutzertracht jener Tage, die nur an
dem wandernden Malergefellen auffallend erfcheinen mag.
Zu folchem Luxus fand {ich nicht allerwärts die Gelegenheit,
und es wäre vielleicht doch möglich, dafs das Bildnifs fchon
in Venedig entfianden fei, wo Dürer ja bekanntlich auch
im Jahre 1506 fich in der Anfchaffung modifcher Kleidungs-
ftücke gefiel. Laffen wir indefs den Ort der Ausführung
dahingefiellt, fo können wir die Frage nicht umgehen, welche
Veranlaffung Dürer wohl zu diefer forgfaltigen Darftellung
feiner felbft gehabt haben möchte. Und in diefer Hinflcht
fcheint uns doch das Bild felbfi ein Stück von der Gefchichte
feiner Entfiehung zu erzählen. Der jugendliche Stutzer hält
in feiner Hand ein blaublühendes Eryngium und zu feinen
Häupten ficht neben der Jahreszahl 1493 in gothifchen
Lettern der Spruch:
niiäg iady üir gar, im vs uhvn irlytat."
Damit empfiehlt der Jüngling fein Schickfal dem Himmel.
Sollte das Bildnifs nicht vielleicht doch eine Beflimmung
gehabt haben, die über das Gefallen des jungen Dürer an
feiner eigenen Perfonlichkeit hinausging? Unwillkürlich
verfallt man auf diefen Gedanken, wenn er uns berichtet,
wie er auf Geheifs feines Vaters gegen Ende des Monats
Mai 1494 zurückkehrte, und dann fortfahrt: iund als ich
heimgekommen war, handelte Hans Frey mit meinem Vater
und gab mir feine Tochter, mit Namen Jungfrau Agnes, und
gab mir zu ihr 200 Gulden und hielt die Hochzeit, die war
am 14.Juli im 1494. Jahre. So trocken und gefchäftsmäfsig