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Landfchaftsmalerci.
und
Wanderfchaft
Das eigentliche Element Dürers ift aber damals die
Landfchaft; ihrer Darftellung widmet er auf feiner Wander-
fchaft nach dem Süden das eifrigfte Studium. Ein Beifpiel
davon liefert die im verkleinerten Mafsftabe hier beigegebene
Federzeichnung in der Albertina. Blos der {teile Felfen-
abhang zur Linken ift emfig ausgeführt, das Uebrige Hüchtig
entworfen. Das Schlofs, das aus den Baumgruppen des
Mittelgrundes hervorragt, diente fpäter als Vorlage zu dem-
jenigen im Hintergrunde des Kupferftiches (Bartfch Nr. 95),
der die Mifsgeburt eines Schweines darllellt. Der Mittelthurm
ift dort zwar weggeblieben, doch verräth die WViederkehr
der übrigen Einzelheiten im Gegenfinne die Benutzung der
vorliegenden Zeichnung. Die Anficht gehört offenbar einem
Alpenthale an, und der Wanderer, der unten ganz leicht
angedeutet von rückwärts fichtbar wird, wie er zu froher
Begrüfsung den rechten Arm erhebend auf das den Hohlweg
fperrende Thor zufchreitet ift es nicht, als hätte Dürer
fich felbft darunter verflanden und mit wenigen Strichen
den eigenen Gefühlen Ausdruck gegeben?
Noch eine ganze Reihe landfchaftlicher Studien, Schlöffer-
und Städte-Anfichten, die uns von Dürer erhalten fmd, ge-
hören einer Reife durch Tirol nach Italien an. Da man
bisher blos an den venetianifchen Aufenthalt von 1506
glaubte, fo wurden alle diefe Aufnahmen, fo weit f1e bekannt
waren, unbedingt in jene fpätere Zeit verfetzt. Diefer Anflcht
widerfprechen nun gewichtige äufsere und innere Gründe.
Mit Ausnahme einer bräunlichen F elfenparthie im Britifchen
Mufeum vom Jahre 1506 find die fammtlichen hier in Frage
ftehenden Aquarelle und Miniaturen urfprünglich weder mit
einem Monogramme noch mit einer Jahreszahl verfehen. Das
Monogramm ift allerdings zuweilen theils von Dürers, theils
von fremder Hand in Biefter nachgetragen und an die in
Dürers frühefler, feiner Handfchrift mit Tufche hingefetzte
Benennung der Oertlichkeit angehängt. Daffelbe gilt auch
von den Aufnahmen, welche Dürer in der Umgegend von
Nürnberg gemacht hat; und diefer Umftand fchon verweift