Volltext: Dürer (Bd. 1)

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Landfchaftsmalerei. 
und 
Wanderfchaft 
war ganz geeignet, dem Künfiler die nöthigen Vorkenntniffe 
zu erfchliefsen. Daher die neue treffliche Berechnung feiner 
Perfpectiven, daher "die Pracht des antiken Zierwerks, die 
antiquarifche Genauigkeit der altrömifchen Trachten, die 
er zuerft in die Malerei einführt. Die Abfichtlichkeit in 
der Entfaltung aller diefer Neuerungen wirkte damals noch 
nicht ernüchternd, wie etwa heutzutage, wo wir über die 
Abnützung und den Mifsbrauch von Jahrhunderten zurück- 
blicken. Sie wird reichlich aufgewogen durch die lebendige 
Erfaffung des Gefchehens, durch die Mannigfaltigkeit im 
Ausdrucke der Seelenftimmungeii und die vollendete Körper- 
lichkeit und Anordnung der Figurengruppen, durch die an- 
muthige Behandlung der hügeligen, terraffierten Fernen, wie 
fie {ich hinter Vincenza hinziehen, und endlich durch den 
Grundzug einer alles bewältigenden Grofsartigkeit, einer 
wahrhaft epifchen Getragenheit. 
jemehr es der Malerei des benachbarten Venedig bei 
ihrer Ideenarmuth ftets auch an Selbftändigkeit gebrach, einen 
defto tieferen Eindruck" mufste die neuentdeckte Formenwelt 
Mantegnas dort heryorbringen. Die Brüder Gentile und 
Giovanni Bellini erfuhren zunächPc diefe Einwirkung, da fie 
in der Werkilatt ihres Vaters jacopo zu Padua arbeiteten 
und mit Mantegna, der damals ihre Schwefler Nicolafia 
heirathete, befreundet waren. Insbefondere der jüngere 
Giovanni fchlofs fich fo nahe an deffen Kunftweife an, dafs 
die Gemälde aus feiner früheren Zeit häuüg mit dem Namen 
Mantegnas belegt wurden. Die Kunftrichtung der Muranefen 
kam durch das plötzliche Eindringen von Mantegnas Renaiffance 
vollends in bedenkliches Schwanken. Rückhaltslofer als jeder 
Andere fchlofs fich Bartolommeo Vivarini der neuen Form- 
gebung an und gelangte dabei, wie ja leicht jeder Nach- 
ahmer, bis zur Uebertreibung ihrer Härten. Der Wettftreit 
mit den aufblühenden Werkflätten der beiden Bellini fpornte 
ihn zu ungewöhnlichen Anftrengungen, und fein jüngerer 
Vetter Alwife Vivarini fetzte den Kampf mit immer neuen 
Waffen fort. Die Bellini blieben freilich Sieger und zwangen
	        
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