Malerei
Venedigs
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Auch nach deffen Tode arbeiten die Brüder Antonio und
Bartolommeo Vivarini in der alten Weife weiter. Nicht
blos die reichen gothifchen Umrahmungen, fondern auch die
davon eingefchloffenen Gemälde ihrer Altarwerke zeigen ganz
mittelalterlichen, nordifchen, um nicht zu fagen deutfchen,
Gefchmack. Und merkwürdiger Weife gilt daffelbe auch
noch von dem einzigen größeren Werke, das uns von
Francesco Squarcione in Padua authentifch überliefert ift;
es ift der Altar des heil. Hieronymus, den der Meifter ur-
kundlich 1449-1452 für die Familie Lazzara vollendete
und der {ich jetzt in der Gallerie zu Padua befindet. Kaum
dafs uns eine Ruine mit einfachem Rundbogen auf zwei
rothen Porphyrfaulen im Hintergründe oder die rohen vier-
eckigen Pofiamente der in den Seitenfeldern {iehenden
Heiligen eine fchüchterne Andeutung davon geben, dafs das
Auge des Meifiers für Reite des Alterthums nicht ganz
verfchloffen fei. Darnach zu fchliefsen, kann das Verdienfi,
welches {ich F rancesco Squarcione um die Einführung des
Studiums der Antike erworben haben foll, nur ein rein
theoretifches gewefen fein. Von dem Wiffen, das er {ich
auf weiten Reifen erworben hatte, von den Kunfiwerken
und Gypsabgüffen, die er fammelte, machte erPc fein
Adoptivfohn und Schüler Andrea Mantegna (geb. 1431, geft.
1506) den richtigen Gebrauch. Er allein ifi der Schöpfer
des grofsen paduanifchen Renaiffancefiiles, in welchem er
bereits während der fünziger Jahre die Ausmalung der
S. ChriPcoph-Kapelle bei den Eremitani vollendete. Erft
Nlantegna vertiefte die Bildfiäche zu täufchender Räumlich-
keit und belebte diefelbe mit leibhaftigen, handelnden Ge-
Halten. Mit derfelben Freudigkeit, mit welcher die nordifchen
Maler auf die Wiedergabe der einmal gefchauten Natur-
gegenfiände ausgingen, zog er im Verein mit gelehrten
Freunden dem Studium der antiken Denkmäler nach, deren
{ich damals in Oberitalien noch eine weit gröfsere Anzahl
erhalten hatte als heutzutage. Die Blüthe der philologifchen
und mathematifchen Wiffenfchaften an der Univerfität Padua