Volltext: Dürer (Bd. 1)

Wolgemut, 
Michel 
Wie fehr {ich aber Dürer während feiner Lehrzeit der 
Darftellungsweife feines Lehrmeifters angefchloffen hat, be- 
zeugen uns zwei feiner eigenen Federzeichnungen aus dem Ende 
feiner Lehrzeit, über deren urfprüngliche Bezeichnung von 
1489 kein Zweifel obwaltet. Beide behandeln profane Gegen- 
ftände und dienen uns als die frühefien beglaubigten Bei- 
fpiele von Dürers eigener Erfindung und Compofition. Auf 
der einen in der Bremer Kunfthalle 1) fehen wir einen ftattlich 
geordneten Zug von fechs Reitern durch einen Hohlweg 
ziehen, der fich vor ihnen links gegen den Hintergrund öffnet. 
Dort erfcheint in der Ferne eine Stadt angedeutet, deren 
Anblick der vorderfte der Reiter begrüfst, indem er die 
Rechte erhebt; er ift wie die beiden ihm folgenden bereits 
um die Ecke gebogen und von rückwärts gefehen. Die 
Bedeutung der feierlichen Gruppe bleibt unklar, die Vorzüge 
der Anordnung, der Entwurf der Stadt, auch die Schwächen 
der Pferdefiguren entfprechen dem Charakter, den die Vor- 
lagen zu den Wolgemuffchen Holzfchnitten gehabt haben 
müffen. Das Gleiche gilt von einer andern Zeichnung aus dem- 
felben Jahre, die 1780 im Prauiffchen Cabinete zu Nürnberg 
von Preftel geftochen wurde und neuefter Zeit mit der 
Sammlung Pofonyi-Hullot in's Berliner Mufeum übergegangen 
iPc. Hier ftehen drei Landsknechte, auf ihre Spiefse geftützt, 
in lebhaftem Gefpräche beifammen; die kräftigen Körper in 
der knappen Tracht der Zeit haben etwas Ungelenkes, ihre 
wilden Gefichter mit den grofsen runden Augen etwas Starres; 
ein bewufstes Streben nach Freiheit in der Bewegung kämpft 
vergebens mit der Unzulänglichkeit des anatomifchen Wiffens. 
Die ebenmäfsige Anordnung des alten Stiles ift aufgegeben, 
ohne dafs die Naturbeobachtung {noch durch Einzelftudium 
genügend unterftützt wäre 2). Darfiellungen ähnlicher Gruppen 
Frage zu knüpfen, 0b etwa. diefe 
Folge von Bildern zu denjenigen ge- 
hört, welche Hans Traut für den 
Kreuzgang der Augufciner gemalt hat 
und welche im Jahre 1816 dafelbß; 
verbrannt fein follen.  
I) Heller, S. 126, Nro. 28. Abb. 
in Dürer-Quantin auf Tafel zu S. 5. 
2) Dafs man die Zeichnung nach 
dem Schwur der Eidgenoffen auf dem 
Rütli benannte, war gänzlich unbe- 
gründet. Abbild. in der Gazette des
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.