Volltext: Dürer (Bd. 1)

Michel Wolgemut 
richtig zur Einheit der Handlung verknüpft find, liegt ein 
Zug ganz moderner Dramatik. Dabei ift die Darftellung 
aller kirchlichen Beziehungen vollftändig bar. Die Tracht 
und die Umgebung der handelnden Perfonen find ganz nur 
aus dem Leben gegriffen, und Herodias fchreitet einher in 
Federhut und goldbefetztem rothen Schleppkleide, das fie 
mit dem Ellenbogen ein wenig emporhält", wie die Dame 
in Dürers Kupferftich, genannt ßDer Spaziergangw. 
Wie die Zeichnung und Compofition, fo iPt auch die 
malerifche Behandlung Wolgemuts hier eine andere geworden, 
foweit die Uebermalung des Altares durch Rotermund im 
Jahre 1817 auf den urfprünglichen Zuftand der Gemälde 
fchliefsen läfst. Die Farben flnd im Allgemeinen fchwerer, 
der Localton des Fleifches bräunlich, die Lichter darauf 
ftärker abgefetzt als in den früheren Werken Wolgemuts. 
Die Anwendung der Oeltechnik fcheint durchgedrungen zu 
fein. Freilich ifi; die Art wie der Grad der Ausführung fo 
ungleich, dafs die Betheiligung verfchiedener Gehilfen deut- 
lich hervortritt. Der Bedeutendfte unter denfelben dürfte 
Hans Schäufelein gewefen fein. Erinnert an ihn fchon der 
häufige Gebrauch eines in den Schatten bläulich gebrochenen 
NVeifs, fo erkennt man in der F rauengruppe auf dem Bilde 
der Kreuzigung ganz beftirnmt feine idealen, dabei etwas 
leeren Typen. Der Hauptmann Longinus und der roth- 
gekleidete Junker daneben mit dem edlen Profile, den ge- 
fchlitzten Aermeln, den Degen an der Seite, find Kraftgeftalten, 
die den ganzen Uebermuth einer fich felbft genügenden 
Exiftenz herauskehren. Auch Mantegna und Dürer haben 
folche Soldatenfiguren gerne in den Vordergrund ihrer Com- 
pofltionen gefiellt. Beachtenswerth iPc auch die Rückfeite 
des Altars. Der weifse Grund ift hier ganz mit grünem, in 
Tempera gemalten Zierwerke bedeckt. Das Mittelftück 
Pcellt eine Art Stammbaum Chrifti vor, an deffen Stamm 
unten Joachim und Anna in halber Figur erfcheinen; darüber 
verzweigt flch das Ornament in verfchlungenen Bandrollen, 
wie fie auf den grofsen Holzfchnitten der SchedelTchen
	        
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