Der
Schwabacher Altar,
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kauernden Bettler zu theilen. Die Compofltion ähnelt dem
falfchen Holzfchnitte im Dürerwerke 1), der vielleicht Wol-
gemut zuzufchreiben wäre. Wichtig für die Entftehungszeit
des Altars ift die auf einem Steine unten in der Mitte be-
findliche Jahreszahl 1506. Im Grade der Ausführung fteht
das Bild jenem des Täufers nach; mehr noch als hier die
Wolken, die {teilen Felfen rechts und die gelbe Schwert-
lilie im Vordergrund, ift dort die Landfchaft mit Vorliebe
behandelt. Der Baumfchlag und die Fernficht auf die grün-
lich xveifsen Gewäffer des Jordans, auf die Infel darin, die
Thürme, das blaue zackige Gebirge, alles das zeugt von
eifrigem NaturPcudium. Die gleiche Beobachtung machen
wir an den kleineren Darftellungen der inneren Flügelfeiten,
z. B. an der Predigt des Täufers und der Taufe Chrifti, wo
{ich die Landfchaft den Flufs entlang vortreftlich vertieft
und farbenreich abftuft; der unbekleidete Heiland erfcheint
hier namentlich gut gebaut und von völligen Formen. Die
drei vom heil. Martin als Bifchof vom Tode Auferweckten
in Leinlaken auf ihren Gräbern fitzend, zeigen felbft in den
Schwächen ihrer Körperbildtmg die eifrige Benutzung des
Modells. Abgefehen von den hergebrachten Darftellungen
aus der Paffion und dem Leben Jefu, ergeht fich der Meifter
in einer völlig freien, felbftäildigeil Auffaffung der Gegen-
ftände. Die vollere Körperlichkeit und die genauere Per-
fpective {ind ein ihm eigenthürnlicher Fortfchritt; bemerkens-
werth ift zumal die Anfchaulichkeit des augenblicklichen
Gefchehens in einzelnen Compofitioneil, wie z. B. nach der
Enthauptung des Täufers Herodias im Vordergrunde das
Haupt auf der Schüffel zur Tafel trägt; voll Abfcheu ver-
läfst einer der Gäfte den Speifefaal, der König felbft ifi:
erfchrocken aufgeftanden, nur die Königin bleibt gleichgiltig
fitzen und wird dafür von dem Pagen mit prüfendem Blicke
beobachtet. In diefer ltlannigfaltigkeit der Motive, die fo
I) Bartfch, Appendix Nr, I8 mit
einem fpäter eingefügten Monogramme
Dürers,