Michel
WVolgemuh
des Colorits den kräftigeren Gefchmack des oberdeutfchen
Meifters. Wenn mir Otto Mündler nach einer derartigen
NVürdigung des Gemäldes in einem feiner letzten Briefe die
Frage Pcellte: xWer hat damals in Nürnberg Solches gemalt,
es kann faft nur von Schongauer feinM fo darf ich wohl
im Hinblicke auf das Vorausgehende hier zur Antwort geben:
Michel Wolgemut auf der Höhe {einer rnalerifchen Leifiungs-
Fähigkeit, die er bald darauf auch in dem PeringsdörfferTchen
Altarwerke bewährte.
Auf diefer Höhe hat er f1ch freilich lange über ein Jahr-
zehnt hinaus nicht behauptet. Dies bezeugen drei Bildniffe,
welche Wolgemut zwanzig Jahre fpäter für diefelbe Familie
gemalt hat. Es waren deren {icher urfprünglich vier, dar-
ftellend die beiden Stiefföhne jener Urfula Hans Tucherixl
und deren Frauen: Niklas Tucher, geb. 1464, gePc. 1521,
und Elifabeth Pufchin, vermählt 1491; Hans Tucher, geb.
1456, geft. 1536, und F elicitas Rieterin, vermählt 1482, geft.
1514. Blofs die drei Letztgenannten haben {ich erhalten und
zwar das Porträt der Elsbeth Niklas Tucherin zu Caffel1),
die beiden andern im Mufeum zu Weimar 2). Im Gegenfatze
zu dem kühlen Email auf dem zwanzig Jahre älteren Bild-
niffe der Mutter ift hier die Malweife Hüfsig, dünn und warm,
insbefondere ift die Landfchaft im Hintergründe fehr breit
behandelt und lebhaft gefärbt. An Stelle der alten Unter-
malung in Tempera iPc eine gefchickte, doch Hüchtigere
Handhabung zäher Oelfarbe getreten. Die fpitzen, dürftigen
Gefichter haben wenig Anfprechendes, aber {ie rühren durch
die überzeugende Wahrheit, mit der fle bis in's Einzelne
wiedergegeben find. Die beiden Frauen tragen auf der
Bruft Spangen, in welche die Initialen ihrer Männer H. T.
und N. T. eingelaffeil find; auf dem Vorhemde darunter
I) Katalog Nr. 7; Galerie zu Caffel
S, 5, Holzfchnitt im Gegenflnne;
auch Zeitfchrift für bild. K. VI. 185.
2) Katalog von 1869 Nr. 55 und
56, hier wie dort unter dem Nennen
Dürers, deffen Monogramm man auf
dem Caffeler Bilde irrthümlich er-
kannt zu haben glaubte. Der Kopf
der Frau in Weimar iß: völlig
übermalt.