Michel
Wolgemut,
fo derb hervortreten, wie in anderen gleichzeitigen ober-
deutfchen Bildwerken. Im Ganzen waltet eine eigenthüm-
liche Freude an Naturgegenftänden und an dem rein finn-
lichen Reiz der Farben. Anmuthig wirkt die helle, heitere
Landfchaft mit der duftigen Ferne, dem klaren Waffer und
ganz vorne der üppige Grasboden mit einzelnen, äufserlt
liebevoll behandelten und fo genau ausgeführten Pflanzen,
dafs man Ranunkel und Hauhechel, Himmelfchlüffel und
Borretfch botanifch beftimmen kann. Die Darftellungen des
iSchatzbehaltersa erinnern in Trachten, Kopftypen und in
dem haufenförmigen Baumfchlage noch vielfach an diefe
früheiten Malereien hVolgemuts. Die kurzleibigen zarten
Figuren und die tiefe Färbung der Gewänder lind ein Erb-
theil des alten Nürnberger Stiles. Die fcharfen Faltenbrüche,
die feinere, emailartige Malweife des Fleifches find eine Mit-
gift der flämifchen und der oberrheinifchen Schule.
Bei f einer Heimkehr verpflanzte Wolgemut den van Eyck'-
fchen Einflufs nach Nünberg, wo die neue Malweife alsbald
in fchroffen Gegenfatz zu der älteren trat und jene eigen-
thümliche Spaltung-in der Nürnberger Malerei verurfachte,
die flch bis in's fechzehnte Jahrhundert fortfetzt. Indem
ein T heil der dortigen Künftler ruhig in den gefälligeren,
weicheren Formen des alten Stiles weiterarbeitete, die immer
eintöniger und leerer wurden und fo nach und nach abhauften,
wirkte Wolgemuts Realismus befruchtend auf den anderen
Theil, wie ja in der Regel beim Zufammenftofsen zweier
Kunürichtungen die herbere, fchroffere, gedankenhafte den
Sieg über die anmuthigere, empnndfame davon trägt. In
demfelben Jahre, da Schongauer das einzige heute noch
beglaubigte Gemälde, die Madonna im Rofenhag zu Colmar
vollendet, 1473 erfcheint Wolgemut zuerit in den Bürger-
büchern von Nürnberg und zwar an derfelben Stelle, welche
bis dahin von Hans Pleydenwurff eingenommen ward. Allem
nach war diefer ein angefehener Nürnberger Maler; fchon
1451 und .von 1463 bis an feinen Tod 1472 1) erfcheint er
n, Anzeigerf. K. d_Vorz_ 1871. n. Lochner, ebendaf. 1871, 278.