Volltext: Gold und Silber

Fig- 
Gürtel in Silber vergoldet. 
Schlesisches Museum in Breslau. 
Der 
Schmuck 
in 
der 
Renaissance 
und 
der 
Spätzeit. 
Den unmittelbaren Einfluss, den das Studium der römischen und 
griechischen Antike auf das Formengefühl der Renaissance ausübte, 
suchen wir in der Geschmeidekuust vergeblich. Nicht in der Nach- 
ahmung der Gold- und Filigranwerke, welche wir dank den Aus- 
grabungen der letzten Iahrhunderte jetzt als Goldschmuck der antiken 
Welt kennen, dürfen wir den Charakter des Renaissance-Geschmeides 
suchen. Wenn uns dieses heute als das herrlichste aller Zeiten er- 
scheint, so ist dieser Vorzug mehr eine indirekte Folge zusammen- 
wirkender Gründe, die nur zum Teil in dem wurzeln, was wir zu- 
sammenfassend "Renaissance" nennen. Als wichtigsten unter diesen 
müssen wir das Erwachen zu heller Lebenslust, die laute Freude am 
Dasein bezeichnen, die der italienischen und französischen Welt um 
die XVende des I6. ]ahrhunderts ihr besonderes Antlitz verleiht: 
jene Feste, Aufzüge, Schaustellungen, Gastmäler, die uns in Berichten 
jener Zeit wie ein ununterbrochener Rausch der Lebensfreude an- 
muten, und welche Farbenpracht und Goldglanz in der Erscheinung 
des Menschen zur notwendigen Voraussetzung hatten. Gleichfalls 
aus dem Geist der neuen Zeit hervorgewachsen ist die veränderte 
Stellung der Künstler, welche wir jetzt als die Meister und Erfinder 
der Edelschmiedekunst kennen lernen. Nicht mehr namenlose Mit- 
glieder einer Innimg, sondern freie Künstler von geschichtlicher Be- 
deutung sind es, von denen uns Werke der Edelschmiedekunst oder 
Entwürfe zu solchen überliefert sind: Ghiberti, Michelozzo, Verocchio 
sind aus der Goldschmiedewerkstatt hervorgegangen, deren Arbeit sie 
ihr ganzes Leben lang treu blieben. Pollajuolo wird als der Erfinder des 
Emails auf rcliefiertem Grunde gerührnt. Brunellesco, der grofse Bild- 
hauer und Architekt, Maso Finiguerra, der erste grofse Meister des 
Niello, Ghirlandajo, Franc. Francia, alle haben praktische Beziehungen 
zur Kunst des Goldschmiedes; ja der grofse Michelangelo selbst ver-
	        
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