Abschnitt.
Die Werke
Goldschmicdekunst.
der
Ein Adler, der zwar heraldische Form, aber noch nichts von der
Verzerrung ins Magere der späteren Heraldik zeigt, füllt das innere
Rund eines flachen Ringes von Filigran aus. welcher am obern Ende,
um dem Kopf des Adlers Raum zu lassen, nicht geschlossen, sondern
nur durch einen Drahtbügel verbunden ist. Sowohl die acht kreis-
förmigen, in den durchsichtigen Filigranring eingelassenen Blumen wie
aurch die ganze Gestalt des Adlers mit Ausnahme der Fänge, ist
mit Zellenschmelz ausgefüllt, welcher leider aus dem Leibe des Adlers
verschwunden ist, wo man auf der Goldplatte nur die einpunzierten
Vorzeichnungen der Federn erkennt. Sonst ist die in Grün und Blau
transluzid, türkisblau, weifs und gelb gehaltene Emaille in voller
Frische erhalten.
Ein Schmuckstück gleicher Bestimmung, welches ebenfalls vom
Motiv des Adlers ausgehend, ein merkwürdiges Gegenstück zum vorigen
bildet, lieferte der an Fundstücken so reiche Boden der alten Stadt
Mainz fünf Jahre nach jenem. Dieses Adlerkleinod, jetzt im Besitz
des Herrn Major Max von Heyl in Worms, ist ebenfalls von Dr.
Schneider im Kunstgewerbeblatt, Jahrgang 3, N0. 2, beschrieben und
abgebildet worden. Das Stück, aus zwei Schalen von Feingold zu-
sammengesetzt, stellt einen über seinen linken Flügel blickenden, höchst
elegant gezeichneten Adler dar, welcher mit den Fängen eine an
beiden Seiten aufgerollte Ranke hält, die ihm gleichzeitig als Stütze
dient. „Die Vorderseite ist mit voller Fertigkeit aus dünnem Gold-
blech getrieben; stellenweise sind Spuren der Nachhilfe mit dem
Stichel erkennbar. Der Schmuck an farbigen Einlagen bestand in
den Flügelenden aus halben Perlen; an der Stelle des Auges sitzt ein
kleiner Rubin; auf der Mitte der Brust prangt ein sehr schöner
Saphir; in der Flügelmitte sind Smaragde und in dem Schwanze ein
Lapis lazuli eingelegt. Die Steine sind nur einfach an der Ober-
fläche geglättet." (Fig. 28, 4) Die Mafse des Kleinods sind 39 mm
Breite auf 55 mm Höhe.
Aus innern Gründen und durch den Vergleich dieses Schmuck-
stücks mit Adler-Darstellungen an den italienischen Bauwerken des
Hohenstaufen Friedrichs II. kommt Schneider zu dem Schluss, unter
der Regierung dieses Kaisers (12 15-1250) die Entstehungszeit dieses
bevorzugten Schmuckstücks anzunehmen. Für die Verwendung dieses
auch Musche und Bratsche genannten Fürspans als dekorativen Auf-
satzes auf der Brust der hier nicht geschlitzten Kappa führt er einen
Grabstein aus dem Anfang des 13. jahrh. im Dom von Mainz an.
Bestätigende Beispiele finden wir im Grabmal des Grafen Ernst von
Gleichen (T 1264) mit seinen beiden Frauen im Dom zu Erfurt (Hefner-
Alteneck, Trachten etc. Taf. 1 2 g) und demjenigen der Kaiserin Anna, j" I 2 8 I ,
Gemahlin Rudolfs I., im Dom zu Basel (ebd., Taf. 135). Überall
ist deutlich zu erkennen, dass der Fürspan mit dem Verschluss des
Mantels noch nichts zu thun hat, dass letzterer vielmehr aus zwei