Abschnitt.
Werke
Die
Goldschmiedekunst.
wie diese zum Zusammenhalten des Gewandes diente und von beiden
Geschlechtern sowie auch von der Geistlichkeit getragen wurde; bei
letzterer scheint das ganze Mittelalter hindurch hierbei der Hohe-
priesterschmuck der Juden vorgeschwebt zu haben. Der Fürspan
war entweder an der Rückseite mit einer Nadel versehen, um ange-
steckt zu werden, oder er wurde auf das Gewand aufgenäht, Erst
in späterer Zeit entwickelt sich aus ihm der Kettenanhänger, der
anfangs auch noch die zentrale Kompositionsweise des Fürspans bei-
behält und erst in der Zeit der Renaissance die hängende Tendenz
auch in seiner Form ausgeprägt zeigt.
Das älteste Beispiel dieses Schmuckstückes dürfte wohl dasjenige
sein, welches zusammen mit mehreren anderen Schmuckresten 1881
bei Wittislingen an der Donau in einem Felsengrab gefunden und
in das bayerische Nationalmuseum in München verbracht wurde.
Hefner-Alteneck, der es auf Tafel 2 35 seiner Publikation (Obernetter)
in Originalgröfse mitteilt, weist es der Karoliirgischen Periode zu.
Seine Ornamentierung besteht aus vier in Kreuzform verschlungenem
Schlangen, deren Körper genau in der Weise der oben beschriebenen
westgothischen Kronen aus Gold-Cloisons gebildet sind, in welchen
sich geschliffene rote Steine (Hyazinthe) eingelassen finden. Der
übrige Grund der goldenen Platte ist bedeckt mit verschlungenem
Bandwerk, welches von rückwärts eingeschlagen Filigran nachahmt.
Dem gleichen Funde entstammt eine durch ihre Gröfse und ihre reiche
Verzierung merkwürdige Silberfibula, die gleich hier Erwähnung finden
möge, da dieses der germanischen Urbevölkeru11g eigene Schmuckstück
uns im Geschmeide des Mittelalters nicht weiter begegnet. Auch
diese Fibula zeigt auf ihrer mit dünnem Goldblech überlegten Ober-
seite die oben beschriebene Inkrustation mit rotem Edelsteine in sehr
mannigfachen Mustern sowie auch die Bandverschlingungen in Gold-
fäden; zwei Adlerköpfe von sehr energischer Zeichnung begleiten die
Platte, welche die Nadel aufnimmt. Auf der Unterseite Endet sich
eine lateinische Inschrift eingraviert, welche den Namen Uffila ent-
hält. Läfst die Einlage Hachgeschliffener Steine bei diesen Schmuck-
stücken auf eine Zeit schliefsen, welche hierin einen Ersatz für die
ihr noch nicht (oder nicht mehr) geläufige Emailtechmk suchte, so
zeugt ein im Mainzer Museum befindlicher Brustschmuck, der 1880 bei
Kanalbauten in Mainz gefunden worden ist, eine so vollständige Beherr-
schung des Technik, dass der erste Berichterstatter über diesen Fund, Dr.
F. Schneider in Mainz denselben wegen seiner Verwandtschaft mit dem
Kreuzreliquiar von Limburg (dem Siegeskreuz Constantins VII.) in die
Zeit der Ottonen, also kurz vor das Jahr 1000 setzt. (Fig. 28,3.) Sowohl
durch seine Gröfse, die in der Breite 9,3, in der Lange I0 cm. misst, wie
durch die gute Erhaltung ist diesem Fundstück unter allem auf uns ge-
kommenen Goldgeschmeide des frühen Mittelalters wohl die erste Stelle
anzuweisen. Seine Komposition ist eine überaus klare und bewusste: