Das
Geschmeide.
Im Mittel alter.
und andere Edelmetallarbeiten, sondern umfasste auch golddurchwirkte
Prunkstoffe, Stickereien, die mit Edelsteinen und Perlen besetzt waren
und andre Requisiten, welche das Ornat der abendländischen Herrscher
und Kirchenfürsten dem Prunk des byzantinischen Hofes entlehnt.
Vom 12. Jahrhundert an scheint dann, wie wir aus den Leistungen
deutscher Werkstätten in Bronzeguss-, Gold- und Silberarbeit, Filigran
und Email schliefsen dürfen, das Abendland sich auch in seinem Ge-
schmeide dauernd vom Osten unabhängig gemacht zu haben.
Überblicken wir die Erscheinungen, welche uns das abendländische
Mittelalter nun auf diesem Gebiete liefert, so können wir den allge-
meinen Eindruck etwa so präzisieren: Der gesamte Schmuck aufser
Ringen, Ketten nnd Kronen gibt seine selbständige Existenz insofern preis,
als er am Kostüm befestigt, aufgenäht erscheint; bei weitem das Meiste,
Was uns aus dieser Zeit erhalten ist, besteht in Knöpfen, Schliefsen,
Agraffen, Gürtel- und Kleiderbesätzen, Goldpassementerien, mit Perlen
und Steinen durchwirkt. Dabei lernen wir hinsichtlich der Form die
Zentrale Bildung als durchaus vorherrschend kennen. Sehr oft
haben diese quadratischen oder kreisrunden Stücke einen Edelstein
Zum Mittelpunkte, um welchen sich das Ornament rosettenartig herum-
gruppiert. Die Formen bleiben schwer und massig, der Einfluss des
Morgenlandes auf dieselben wird durch die Kreuzzüge lebendig er-
halten: Vom I3. Jahrhundert an vollzieht sich mit dem Auftreten
der Gothik hierin eine Anderung: die Formen werden schlichter und
straffer, in ihrer Ausführung meist eleganter und mehr durchgearbeitet.
Jetzt gewinnt auch das Filigran häufigere Anwendung, doch weifs man
ihm durch eine ä jour-Behandlung, bei welcher nur einzelne Punkte
auf den Grund aufgelötet werden, der übrige Teil aber hochliegt, eine
reichere und mehr malerische Wirkung zu geben. Das Ernail, welches
bisher häufig Verwendung fand, wird von Mitte des 13. Jahrhunderts
an fast nur auf den Schmuck des priesterlichen Ornates beschränkt,
wie denn überhaupt das letztere die Tradition eines reicheren Gold-
und Edelsteinschmuckes aufrecht erhält, während sich im Profankostüm
ein Rückschlag zu gröfserer Einfachheit vollzieht. Aber schon im
I4. Jahrhundert kehrt die Freude am Geschmeide auch in das
Laienkostüm zurück und gewinnt am französischen Hof unter Karl V.
und Karl VI. eine Ausdehnung, die an Uebertreibung streift. Noch-
mals durch die unglücklichen Kriege mit England zurückgedrängt,
erreicht sie ihre Höhe in dem Kostüm des burgundischen Hofes, der
wie in der Mode überhaupt so auch im Geschmeide vorübergehend
für alle nordeuropäischen Länder tonangebend wird.
Wir beginnen die Betrachtung der einzelnen Geschmeidegattungen
des Mittelalters am besten mit dem am meisten vertretenen Stück, dem
Fürspan, einem Schmuckstück, welches auf der Mitte der Brust
befestigt wurde und am ersten mit der modernen Brosche verglichen
werden kann, mit dem Unterschied jedoch, dass es ursprünglich nicht