Abschnitt.
der Goldschmiedckunst.
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Die
der Ufer des schwarzen Meeres, der in der ältesten griechischen
Sage schon seinen Ausdruck in der Erzählung vom goldenen Vlies
fand, hatte um diese Zeit nicht nur grofse Goldfaktoreien unter
griechischer Leitung, sondern auch griechische Künstler zur Verarbei-
tung dieses Edelmetalls dorthin gezogen, die ihre Arbeiten sowohl
nach dem griechischen Mutterland wie nach den benachbarten Ländern
der Barbaren lieferten. Für die altitalische Geschmeidekunst endlich
sind die Funde in den alten Nekropolen des etruskischen Volks-
stammes, Vulci, Cervetri, und der anderen Nachbarstätmme der
Latiner, Tarquinii, Praeneste u. a. die reichlich tliefsende Quelle
unserer Kenntnis, welche alle Museen mit schönen und mannigfaltigen
Proben dieser antiken Kunstthätigkeit gefüllt haben. Weit weniger
reichlich sind die Schmuckstücke aus der unzweifelhaft so viel üppigeren
Zeit des späteren Römerreichs vorhanden, so dass wir uns hier wieder
mehr auf dasjenige angewiesen sehen, was die Gewandstatuen dieser
Zeit uns lehren.
Von dem als Gehänge zu bezeichnenden Schmuck nimmt die
erste Stelle das Ohr- oder, wie man hier vielleicht besser sagen würde,
Kopfgehänge ein. Denn in sehr vielen Fällen macht schon die bis
zu 20 cm steigende Länge und das Gewicht dieser Schmuckstücke
die Befestigung derselben im Ohrläppchen unmöglich. Wir dürfen
annehmen, dass solches Gehänge an der Stirnbinde befestigt wurde,
und über das Ohr, oder auch weiter vorn über die Schlafe herabhing.
(Fig. I6.) Auch so erfüllte es, und wahrscheinlich in erhöhtem Mafse, die
Funktion, die der symmetrisch hängende Kopfschmuck überhaupt hat:
die Masse des Hauptes gröfser, seine Bewegung, welcher sich das
schaukelnde Gehänge anschloss, bedeutender zu machen. Selbstver-
ständlich schloss der erwähnte, schwere, aus vielen Einzelelementen
zusammengesetzte Schmuck jede schnelle, hastige Bewegung aus und
bedingte als weiteres Motiv einer bedeutenden Erscheinung der Per-
sönlichkeit auch deren langsames, würdevolles Einherschreiten. Viel-
leicht können wir hiernach das Kopfgehänge in zwei Gruppen teilen:
neben der erwähnten, für priesterlichen Schmuck und feierliche Hand-
lungen bestimmten eine zweite, einfachere, die, in das Ohrläppchen
eingefügt und kurz gehalten, ja bisweilen zum Knopf oder zur Rosette
vereinfacht, auch eine lebhaftere Bewegung der so geschmückten
Person gestattete.
Die einfachste Gestaltung der letzteren, einfachen Art bildet
der offene Rig, dessen oberer, zum Durchstecken durch das Ohrloch
bestimmter Teil dünn und glatt ist, während der untere verdickt, sei
es aus mehreren Drähten zusammengewunden oder aus Blechschalen
mit Filigranverzierung gebildet ist, so dass er im letzteren Falle wohl
die Gestalt eines kleinen Halbmondes annimmt. An diesen Ring ist
dann das eigentliche Hänge-Motiv angehängt, in welchem wir der
gröfsten Mannigfaltigkeit der Erfindungen begegnen. Nur selten be-